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Das Kooperationsprojekt "Bäche im Artland"
Dr. Matthias Schreiber
Für den Naturschutz im Landkreis Osnabrück hat das verzweigte Fließgewässersystem aus natürlichen und künstlichen Bächen und Gräben im Artland mit seiner schutzwürdigen Fischfauna und vielen daran angrenzenden wertvollen Lebensräumen schon lange eine besondere Bedeutung. Das schlug sich bereits in einem Projekt in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts nieder. Seither ist die Regionale Arbeitsgruppe für Naturschutz im Artland e.V. (RANA) in der Region mit umfangreichen praktischen Naturschutzmaßnahmen aktiv.
Eine besondere Herausforderung stellte sich nach der Ausweisung des Gewässersystems als FFH-Gebiet „Bäche im Artland“. Denn die Fließgewässer sollten mit einem lediglich einem Meter breiten Randstreifen versehen werden (siehe NOZ-Beitrag hier). Oder andersherum: Die bisherige landwirtschaftliche Nutzung sollte bis auf einen Meter an das Gebiet heranreichen dürfen. Das war nicht nur naturschutzfachlich völlig unhaltbar, sondern bot auch für die betroffenen Landnutzer nicht nur Vorteile. Wer so dicht an ein Gewässer heran ackert, steht unter besonderer Beobachtung. Es war aber auch mit Unsicherheiten zu rechnen, wenn Flächen bei Banken beliehen werden sollen, weil Zweifel aufkommen könnten, wie groß die beleihbare Fläche tatsächlich ist.
Es kam deshalb die Idee auf, in Eigenregie eine allseits zufriedenstellende Lösung für einen Teil des FFH-Gebietes auszuarbeiten. Der einfache Ansatz dahinter: Vonseiten des Umweltforums werden die naturschutzfachlichen Anforderungen an die Randstreifen formuliert (z.B. Breite, Vegetation), von den Landwirten – hier vertreten durch die Interessengemeinschaft Kulturlandschaft Artland e. V. – werden die mit Nutzungseinschränkungen und Bewirtschaftungsauflagen anfallenden Ausgleichszahlungen benannt. Die Ergebnisse werden dann dem Landkreis Osnabrück präsentiert, der die erforderliche Finanzierung der gemeinschaftlich erarbeiteten Lösung übernimmt.
Für die konkrete Umsetzung haben in den letzten drei Jahren (ausgebremst durch Corona) vor allen Dingen engagierte Landwirte der Interessengemeinschaft alle Landnutzer bzw. -eigentümer entlang der Bäche angesprochen und dafür geworben, auf freiwilliger Basis breitere Randstreifen entlang der FFH-Gewässer zu belassen, wenn die vorgeschlagene Entschädigung für den Mehraufwand durch den Landkreis bereitstehen sollte.
Auf der Jahreshauptversammlung der Interessengemeinschaft am 12.01.2024 konnte der 2. Vorsitzende, Christian Bielefeld, den erfolgreichen Abschluss der Pilotphase verkünden (hier geht es zum Abschlussbericht). Unterstützt durch einen Werkvertrag für die Projektkoordinatorin Nina Schneider, den der Landkreis Osnabrück ermöglicht hatte, und nach insgesamt ca. 200 Stunden ehrenamtlichen Einsatzes der Landwirte konnte man nun für 11 ha Vereinbarungen mit Landnutzern für eine naturschutzgerechte Nutzung entlang der Bäche im Artland vorweisen. Die Fläche betrifft 24 Eigentümer, die bereit sind, jeweils 10 m breite Streifen für den Schutz der Gewässer einzubringen. Weitere Landwirte sind noch im Gespräch. Bereits nach dem offiziellen Teil der Versammlung meldeten sich zwei weitere Interessenten, weshalb die Hoffnung besteht, dass die gesicherten Flächen in den nächsten Monaten noch weiter anwachsen werden.
Götz Huwald von der unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Osnabrück bestätigte, dass für diese Flächen die Finanzierung für vorerst 10 Jahre gesichert sei. Er hob besonders den Einsatz der Interessengemeinschaft beim Zustandekommen der Vereinbarungen hervor. Mit den eigenen Möglichkeiten wäre das dem Landkreis nicht gelungen. Er hoffe auf eine Vorbildfunktion für die übrigen Gebietsteile des FFH-Gebietes „Bäche im Artland“ und in anderen FFH-Gebieten.
Bereits vor einigen Wochen war der Abschlussbericht der Landrätin des Landkreises Osnabrück, Anna Kebschull übergeben worden. Hier die Pressemitteilung dazu:
„Win-Win-Win-Situation“: Landkreis unterstützt Umweltprojekt im Artland
Osnabrück. Randstreifen an Gewässern sind für den Umweltschutz von großer Bedeutung: Sie dienen dem Schutz von Bächen, Lebensräumen, Pflanzen und Tieren. Zu eben diesem Schutz im Artland initiierten 2020 der Förderverein für Anten-Berge-Dalvers-Hekese zur Unterstützung des Landschaftsschutzes sowie das Umweltforum Osnabrücker Land e.V. unter Beteiligung von Landrätin Anna Kebschull und dem Fachdienst Umwelt des Landkreises Osnabrück ein neues Projekt. Nun stellten die beteiligten Akteure die Ergebnisse vor.
„Maßnahmenplanung für Randbereiche der Fließgewässer im FFH-Gebiet Bäche im Artland im Postleitzahlbezirk 49626“ lautet der umfassende Name des Kooperationsprojekts. Im Rahmen des Projekts wurden zunächst mit der Masterarbeit von Projektleiterin Nina Schneider die Qualität der Lebensräume im und am Gewässer untersucht und analysiert. Darauf aufbauend wurden vegetations- und biotopfördernde Maßnahmen für die Randbereiche entlang der Fließgewässer erarbeitet und in einzelnen Maßnahmenblättern zu den Gewässerabschnitten dargestellt. Diese Vorhaben wurden mit sehr hohem ehrenamtlichen Engagement in vielen Einzelgesprächen durch die Mitglieder der Kooperation den Landnutzern und Grundstückseigentümern erläutert und mit diesen zusammen abgestimmt. Zudem schätzten die Mitglieder die Kosten für die Umsetzung, die durch den Landkreis getragen werden sollten, ab.
Die Ergebnisse bezeichnete Kebschull als „Win-Win-Win-Situation“. So ist das Vorhaben natürlich ein Gewinn für den Umweltschutz. Ein zweiter Vorteil ist, dass die Maßnahmen wichtige Impulse für den Managementplan lieferten, der für jedes FFH-Gebiet erstellt werden muss. Zusätzlich liefert das Projekt eine wertvolle Grundlage für die Richtlinie zum Vertragsnaturschutz, die der Landkreis zurzeit aufstellt, und damit auch für Grundstückseigentümer sowie Landwirte. Das Projekt wurde vom Landkreis mit 15.000 Euro unterstützt. „Die Investition zahlt sich vor dem Hintergrund des großen Nutzens mehr als aus“, sagte Detlef Wilcke, Fachdienstleiter Umwelt.
Für die Interessengemeinschaft begrüßte der stellvertretende Vorsitzende, Christian Bielefeld, die Absicht des Landkreises, den Landnutzern eine unkomplizierte Finanzierungsregelung für die Naturschutzleistungen anzubieten: „Nach der langen Vorarbeit der vergangenen Jahre ist die Erwartung hoch, dass die Regelungen zum Frühjahr greifen.“ Matthias Schreiber, zweiter Vorsitzender des Umweltforums, zeigte sich zufrieden, dass Fortschritte beim Naturschutz durch eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit mit örtlichen Landwirten erreicht werden konnte: „Wir sind guter Hoffnung, dass dadurch auch andere Vorhaben zum Schutz unserer Natur Rückenwind bekommen.“
Als dritter wesentlicher Vorteil erweist sich, dass jede Gemeinde Naturschutzkompensation umsetzen muss, wenn sie neue Baugebiete ausweist. „Die Kompensationsverpflichtungen können platzsparend an den Fließgewässern umgesetzt werden. Dies dient dem Naturschutz und schont dabei nicht nur landwirtschaftliche Fläche, sondern auch die begrenzten Landkreismittel des Vertragsnaturschutzes“, erläuterte Kreisrat Winfried Wilkens.
Das Umweltforum plädiert darüber hinaus dafür, Absprachen mit Landwirten über die Bewirtschaftung der Gewässerrandstreifen möglichst bald auch auf weitere Bereiche des FFH-Gebietes „Bäche im Artland“ auszuweiten. Das gemeinsame Vorgehen von Landwirten und Naturschützern in den bisher bearbeiteten Abschnitten des Gebietes kann dabei als Muster dienen und zu einer beispielhaften Umsetzung dieses wichtigen europäischen Schutzgebietes dienen. Für das FFH-Gebiet „Düte (mit Nebenbächen)“ stehen Abgrenzung und Ausweisung als Schutzgebiet noch vollständig aus. Hier bietet sich dieser Ansatz ganz besonders an.
Weiterführende Links:
Umweltforum auf dem Weg zum Europäischen Gerichtshof!
Natura 2000, Landnutzer und Naturschützer
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