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Windenergieausbau und Artenschutz

Der Mäusebussard, eine hochgradig kollisionsgefährdete Vogelart, der, wie weitere auch, bei
der Neuregelung des Artenschutzes aber ausgeblendet wurde und nun über den Umweg einer
europarechtlich korrekten Anwendung des Artenschutzes zu berücksichtigen bleibt.

Dr. Matthias Schreiber

Mit dem Beschluss des Bundestages am 07. Juli 2022 und der Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt am 28.07.2022 sind verschiedene gesetzliche Änderungen in Kraft getreten, die eine Beschleunigung des Ausbaus der Windenergienutzung an Land bewirken sollen. Einige betreffen auch den gesetzlichen Artenschutz. Der Konflikt war hier bereits mehrfach Thema:

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Gutachten des SRU: Praxisfern, widersprüchlich und nicht wirklich hilfreich

Eine Stellungnahme gibt es dazu nun auch von der „Wissenschaftsplattform Klimaschutz“ (WPKS). Die WPKS wurde im Juni 2019 von den damaligen Ministerinnen Svenja Schulze (Umwelt) und Anja Karliczek (Forschung) eingerichtet und „unterstützt die Bundesregierung bei Umsetzung und Weiterentwicklung der deutschen Langfriststrategie zum Klimaschutz mit wissenschaftlicher Expertise.“

In dieser Rolle hat die WPKS am 18.10.2022 nun auch die oben genannte Stellungnahme abgegeben, in der sie für die Änderungen beim Artenschutz zu folgenden Bewertungen kommt:

„Das Potenzial der Standardisierung zur Beschleunigung der artenschutzrechtlichen Einzelfallprüfung des individuenbezogenen Tötungsverbots ist höchst zweifelhaft. Einer Beschleunigung entgegen wirkt insbesondere die widerlegbare Vermutung für ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko, die innerhalb des zentralen Prüfbereichs gilt: Fraglich ist, ob eine Habitatpotenzialanalyse in Anbetracht ihrer begrenzten Aussagekraft und fehlender normierter methodischer Standards zur Widerlegung überhaupt geeignet ist. Ferner ist die Raumnutzungsanalyse demgegenüber aussagekräftiger, aber ungleich aufwändiger. Auch verliert die Signifikanzprüfung durch die vorgenommenen Änderungen nicht an Komplexität, sondern scheint durch die festgelegten Prüfradien und Bewertungsdirektiven im Gegenteil an Komplexität zu gewinnen. Ob dies bundeseinheitliche Entscheidungen und einen Rückgang gerichtlicher Auseinandersetzung zu leisten vermag, wird sich in Zukunft zeigen müssen.

Ferner erweist sich die Prüfungsstandardisierung als unionsrechtlich problematisch: Die Regelungen zum besonderen Artenschutz in §§ 44 ff. BNatSchG beruhen auf unionsrechtlichen Vorgaben.34 In Konflikt mit dem Unionsrecht tritt die Tabelle der kollisionsgefährdeten Vogelarten, wobei es im Kern um die Frage geht, ob die Liste im Hinblick auf die zu prüfenden Vogelarten abschließend zu verstehen ist. Letztere Interpretation würde einen Konflikt mit dem Unionsrecht auslösen. Insoweit finden die Standardisierungsmaßnahmen nur auf die in der Liste enthaltenen Vogelarten Anwendung, sodass es für die nicht aufgeführten Arten bei den bisherigen Prüfmaßstäben bleibt. Auch könnte die Festlegung, dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko außerhalb des Radius des erweiterten Prüfbereichs besteht – anders gewendet: eine Prüfungsbeschränkung bis zum Radius des erweiterten Prüfungsbereichs erfolgt – einen Verstoß gegen die Vogelschutz-RL darstellen. Sie begrenzt ihrerseits nicht den zu untersuchenden Bereich.

In einer Gesamtbewertung sind die Operationalisierung und Standardisierung der artenschutzrechtlichen Signifikanzprüfung des Tötungsrisikos und die Ausnahmeprüfung, insbesondere durch gesetzliche Festlegungen von Abständen zwischen Windenergieanlagen und Brutgebieten und Habitaten geschützter Vogelarten grundsätzlich zu begrüßen. Eine bundesweite gesetzliche Prüfungsvereinheitlichung verspricht eine Beschleunigung durch Planungssicherheit, die auch die Investitionsbereitschaft stärkt. Ob die nach wie vor durch Vermutungen, die durch Fachuntersuchungen widerlegt werden können, ausgestalteten komplexen Regelungen der Standardisierung zur Prüfung des artenschutzrechtlichen Tötungsverbots tatsächlich prüfungsvereinfachend wirken, darf jedoch bezweifelt werden. Im Einzelfall könnte genau dies eine Bumerangwirkung zu Lasten der zuständigen Behörden entfalten und neue Rechtsstreitigkeiten hervorrufen. Auch wirft die Tabelle mit den kollisionsgefährdeten Vogelarten unionsrechtliche Zweifel auf.“

Ganz besonders ärgerlich bleibt an den nun auch durch die WPKS bestätigten Mängeln und Unsicherheiten bei der Regelung des Artenschutzes, dass die grünen Minister bei dem Gesetzesvorhaben die seit Jahren bewährten Regelungen im Landkreis Osnabrück nicht auch nur zur Kenntnis genommen haben. Die Übernahme des Osnabrücker Ansatzes, mit dem sich Antragsteller und Naturschutzverbände arrangiert haben, hätte tatsächlich zur Rechtssicherheit und Beschleunigung der Verfahren beigetragen.

Da für verschiedene Neuregelungen lange Übergangsfristen gelten, ist es für eine pragmatische und vernunftgesteuerte Korrektur allerdings noch nicht zu spät!

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