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DBU Naturerbe „Wersener Heide“ als Flugsportschutzgebiet
Während die überragende Bedeutung des sogenannten „Flugplatzes Achmer“ unter Naturfreunden über viele Jahrzehnte bekannt und unstreitig war, kam mit der Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH) endlich auch Bewegung in den Schutz dieses Gebietes. Während man nach der Meldung des Gebietes in Bramsche und beim Landkreis Osnabrück anfangs noch die Vorstellung hatte, dass dieses europäische Schutzgebiet weiterhin als Reserveland für Industrie- und Gewerbe heranzuziehen war (2013 plante die Stadt Bramsche allen Ernstes auf dem Gelände des heutigen Schutzgebietes die Ausweisung eines Industriegebietes, um die Ausweitung eines Schrottplatzes zu ermöglichen), erfolgte mittlerweile die Aufnahme des Gebiete in die Liste des Nationalen Naturerbes und der Landkreis Osnabrück stellte das Gebiet 2021 unter Naturschutz.
Die Unterschutzstellung muss allerdings als missraten eingestuft werden, denn es setzen sich die grundsätzlichen Mängel fort, die bereits für den „Gehn“ beschrieben wurden und mit Blick auf die besonderen Lebensraumverhältnisse und Arten lediglich variiert wurden.
So fehlt auch beim „Achmer Sand“ eine Quantifizierung der Erhaltungsziele: Es werden keine genau festgelegten Ziele benannt, bis wann wo welche Lebensräume in welchem Umfang zu erhalten bzw. zu entwickeln sind. Gleiches gilt für die Lebensräume schutzwürdiger Arten. Genau solche Festlegungen fordert die EU-Kommission bei der Ausweisung der Schutzgebiete jedoch in einem Vertragsverletzungsverfahren von Deutschland. Das Umweltforum hatte im Zuge seiner Stellungnahme den Landkreis aufgefordert, die Schutzgebietsverordnung von vornherein an die Anforderungen der EU-Kommission und an das europäische Recht anzupassen – vergebens.
Aus fachlicher Sicht wäre es außerdem nötig gewesen, die Schutzwecke an das EU-Schutzgebiet anzugleichen, welches sich jenseits der Landesgrenze in Nordrhein-Westfalen anschließt. Gehört wurde auf den Hinweis nicht, es gibt nun inhaltliche Brüche. Auf der einen Seite werden Arten wie Krickente, Kornweihe, Schwarzspecht, Bekassine, Neuntöter, Ziegenmelker, Raubwürger, Pirol, Gartenrotschwanz, Wasserralle, Schwarzkehlchen, Zwergtaucher und Kiebitz geschützt, in Niedersachsen nicht.
Standardmäßig wird die „ordnungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung für Dauergrünlandflächen“ mit den Lebensraumtypen 2330 („Offene Grasflächen mit Corynephorus und Agrostis auf Binnendünen“) und 6510 („Extensive Mähwiesen der planaren und submontanen Stufe [Arrhenatherion, Brachypodio-Cantaureion nemoralis]“) freigestellt. Landwirtschaft spielt im gesamten Naturschutzgebiet aber gar keine Rolle – was also soll das? Unklar ist auch, warum auch die forstwirtschaftliche Nutzung freigestellt wird: Wozu benötigt man in einem Naturschutzgebiet, das vollständig der öffentlichen Hand gehört, eine forstwirtschaftliche Nutzung?
Flugsport freigestellt – Feldlerche bleibt ohne Schutz
In keiner Weise geregelt wurde auch der Segel- und Modellflugbetrieb, der auf dem Gelände in wertvollen Lebensräumen stattfindet und insbesondere für die Feldlerche eine erhebliche Beeinträchtigung darstellt, wie gleich zwei Gutachten bescheinigen. Man kann feststellen: In dem einzigen Schutzgebiet im Landkreis Osnabrück, in dem die Feldlerche überhaupt ausdrücklich geschützt ist, darf der als erhebliche Störung identifizierte Flugbetrieb uneingeschränkt stattfinden. Noch 2020 hatte der Landkreis den Flugbetrieb – zum Schutz der Feldlerche – während der Brutzeit untersagt. Jetzt, nachdem das Gebiet Naturschutzgebiet geworden ist, gilt das nicht mehr – verstehen muss man das nicht.
Als enttäuschend hat sich die Rolle der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) erwiesen, die mit ihrer Stiftung „Naturerbe“ das Gebiet „Achmer Sand“ als ihren ökologischen Hinterhof geerbt hat. Es ist nicht bekannt geworden, dass von dort Einwände gegen die offensichtlichen Defizite erhoben worden wären.
Im Umweltausschuss berichtete Kreisrat Dr. Wilkens Die durch einen Umweltverband unsachliche Kritik gegen den KollegInnen der UNB
sei unfair und nicht tragbar. Trotz der Kritik aus beiden Richtungen liege nun aber ein ausbalancierter Entwurf vor. Es sei eine sachgerechte Lösung gefunden worden, die Ehrenamt i.S.v. Fliegen und Naturschutz vereinbare. Anmerkung: Die sachgerechte Lösung sieht im NSG – anders als 2020 ohne NSG - den Verzicht auf jegliche Einschränkung vor. Sachgerecht ist das allein für Hobbyinteressen der Flieger.
Die Politiker des Kreistages waren mit diesem Ergebnis zufrieden. Der Vertreter von Bündnis 90/Grüne im Umweltausschuss ließ wissen, dass seine Fraktion hinter dem mit der Verordnung getroffenen Kompromiss zwischen den zwei Interessen stehe.
Text und Fotos: Dr. Matthias Schreiber
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