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Für die Turteltaube fehlen Vogelschutzgebiete!

Die Kampagne zur Benennung des „Vogel des Jahres“ des Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V. (LBV) und des Naturschutzbund Deutschland e. V. (NABU) soll dazu dienen, Aufmerksamkeit auf die Gefährdung der ernannten Vogelart und seinen Lebensraum zu lenken sowie Unterstützung für dessen Schutz zu gewinnen (LBV).

Die Turteltaube ist ein Langstreckenzieher. Sie kommt in Deutschland und Europa nur zur Brutzeit vor. Ihre Überwinterungsgebiete liegen im Savannengürtel Afrikas. Wesentliche Ursachen für die Gefährdung der Vogelart sehen LBV und NABU in der Intensivierung der Landwirtschaft und in der gezielten Jagd innerhalb und außerhalb Europas (LBV, NABU). Die Forderungen für einen verbesserten Schutz umfassen dementsprechend die Etablierung einer nachhaltigen Landwirtschaft in Deutschland bzw. der EU sowie einen EU-weiten Jagdstopp und die Analyse illegaler Verfolgungen im weiteren Mittelmeerraum. Als geeigneten Schutzbeitrag Deutschlands nennt der NABU vor allem gezielte Agrarumweltmaßnahmen und eine Veränderung der Gemeinsame Agrarpolitik. Zudem sehen LBV und NABU zu hohe Jagdquoten innerhalb verschiedener EU-Staaten (z. B. Spanien, Frankreich und Portugal) als Umsetzungsdefizit der Vogelschutzrichtlinie (VRL), das behoben werden sollte.

Aber ausgerechnet die Ausweisung von Vogelschutzgebieten für die Turteltaube innerhalb Deutschlands greifen NABU und LBV nicht auf. Dabei ist Deutschland seit über 40 Jahren für die Etablierung eines wirksamen Schutzgebietsnetzes verantwortlich. Für regelmäßig wandernde Arten wie die Turteltaube müssen gemäß VRL Besondere Schutzgebiete (BSG) ausgewiesen werden (Art. 4, Abs. 2 VRL). Dabei müssen diese Gebiete von ihrer Größe und Qualität für die Arten so geeignet sein, „um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen.“ (Art. 4 Abs. 1, Satz 1 VRL).

Nach dem gleichen Verfahren wie für die Feldlerche wurde die Ausweisung von Schutzgebieten untersucht. Die Auswertung zeigt, dass für die Turteltaube insgesamt 59 Vogelschutzgebiete ausgewiesen sind, die mit 1197 Revieren 3,4 % des bundesweiten Bestands abdecken. Die Verteilung der Schutzgebiete und die Größe der geschützten Populationen variieren auf Landesebene (Tabelle 1). Die meisten Länder haben keine Schutzgebiete für die Turteltaube ausgewiesen. Ansonsten verteilen sich die geschützten Populationen ungleichmäßig auf sieben Bundesländer (siehe Tabelle und Verbreitungskarte).

Vergleich der landesweiten Bestandszahlen der Turteltaube mit den ausgewiesenen Beständen in Vogelschutzgebieten

Bundesland Landesbestand Bestand im VSG (absolut) Bestand im VSG (Anteil am Landesbestand) Gebiet für Turteltaube
MV 900 - 1 700 457 35,2 % 19
SL 150 - 400 28 10,2 % 6
BY 2 300- 3 700 236 7,8 % 16
HE 4 000-6 000 292 5,8 % 7
TH 1 500 - 2 000 72 4,1 % 5
NW 2 300 - 3 600 60 1,2 % 1
ST 2 700 - 6 500 52 1,1 % 5
BB/BE 1 600 - 2 300 0 0 0
BW 1 000 - 2 400 0 0 0
HH 1 0 0 0
NI/HB 3 300 - 6 500 0 0 0
RP 2 700 - 6 500 0 0 0
SH 250 0 0 0
SN 2 000 - 3 500 0 0 0
Gesamt 25 000 - 45 000 1197 3,4 % 59

Die Darstellungen in Tabelle 1 und der Verbreitungskarte zeigen, dass hinsichtlich der Schutzgebietsausweisung für die Turteltaube bundesweit ein deutliches Defizit besteht. Ähnlich wie bei der Feldlerche wird deutlich, dass die gemeldeten Gebiete allein zahlenmäßig nicht ausreichen können, „um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen.“, wie es die VRL vorschreibt. Dabei könnte auch dieses Defizit dadurch verringert werden, indem die Turteltaube konsequent in jedem Vogelschutzgebiet als Erhaltungsziel nachnominiert wird, in dem sie vorkommt. Dem müsste dann ein gezieltes Management in diesen Schutzgebieten folgen, um den Bestandsrückgängen entgegenzuwirken.

Der LBV schreibt, „die EU-Vogelschutzrichtlinie ist das wirksamste Rechtsinstrument zum Erhalt der Vogelbestände in Europa.“. Auch der NABU nennt die Verbesserung und verstärkte Durchsetzung der bestehenden Rechtsvorschriften der VRL einen wichtigen Lösungsansatz für den Schutz der Turteltaube. Auf die Regulierung der Jagd zu verweisen, ist generell gerechtfertigt und relevant, greift aber wesentlich zu kurz. Es mag für NABU und LBV zwar bequemer sein, mit dem Finger auf andere Mitgliedsstaaten der EU zu zeigen. Naheliegender – im wahrsten Sinne des Wortes - wäre es jedoch, zuerst einmal in Deutschland die Pflicht-Instrumente der Schutzgebietsausweisung für die Turteltaube einzufordern, „um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen“.

Karte und Text: Nina Schneider (M. Sc.); Fotos: Bernhard Volmer

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