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Grüne Finger in Osnabrück auf Schrumpfkurs!
Im Rahmen eines Forschungsvorhabens der Hochschule Osnabrück wurde die Entwicklung der Siedlungs- und Freiflächen innerhalb der heutigen Stadtgrenzen von 1840 bis 2016 herausgearbeitet. (Die Abbildungen zur historischen Entwicklung der Grünflächen entstammen aus: Malte Schünemann (2020): Von Gestern zu Morgen? Wie Erkenntnisse über den Ablauf vergangener Landschaftstransformationsprozesse gewonnen und zu einer resilienten Stadtentwicklung beitragen können; Bachelorarbeit HS Osnabrück).
Auf dem Bild von 1840 sieht man den Innenstadtkern innerhalb der alten Stadtmauern, umgeben von weitläufigen Ackerflächen, in denen man kleine Bauernschaften erkennen kann. Die landwirtschaftlichen Flächen sind von weitläufigem Grün- und Nassgrünland durchzogen und im Außengürtel umgeben von Wald- und Heideflächen.
Um 1900 herum erkennt man, dass die Stadt sich ausgedehnt hat und von Gartenland und Streuobstwiesen umgeben ist. Es gibt mehr Wald- und Ackerland, jedoch deutlich weniger Heide, Sumpf- und Nassgrünland.
1951 hat sich die bebaute Fläche etwa verdreifacht und macht nun ca. 25 % der heutigen Stadtfläche aus. Die Stadt und umliegende Ortschaften sind weiter und teils zusammengewachsen, Ortschaften wurden zu Stadtteilen eingemeindet. Die Siedlungsfläche ist umgeben von Garten- und Ackerland. Man sieht eine kleinteilige Landschaft, die eine hohe Artenvielfalt aufgewiesen haben dürfte. Wald und Grünland haben aber abgenommen, Heide und Nassgrünland sind kaum noch vorhanden. Auf allen drei Abbildungen ist die Haseniederung mit ihrem umgebenden (jedoch immer weniger feuchten) Grünland gut erkennbar, die sich von Südosten nach Nordwesten durch das Stadtgebiet zieht. Auch die anderen Grünachsen bzw. Grünen Finger sind gut erkennbar, obwohl es damals noch eher ein grüner Ring um die Stadt war, in den sich Siedlungsachsen zogen.
2016 hat sich dieses Bild ins Gegenteil verkehrt: Die bebaute Fläche dominiert klar das Bild und macht etwa 75 % der Fläche aus. Acker-, Garten- und Grünland wurden weitgehend aus der Stadt verdrängt. Im Stadtgebiet entstanden Parks und Friedhöfe. Nun sind die Grünen Finger als stadtbildordnende Freiraumachsen gut erkennbar. Wie lange noch?
Ein Ratsbeschluss vom 17. Juni 1997 sollte die Grünen Finger verbindlich als „Grün- und Freiflächen“ sichern. Dieser Beschluss wurde jedoch nie in die Tat umgesetzt bzw. rechtlich verbindlich festgesetzt!
Zahllose Flächennutzungsplanänderungen und Grundstückskäufe für Bauland in den Grünen Fingern belegen, dass die „Sicherung“ eben nicht „verbindlich“ ist: So z.B. die Flächennutzungsplan-Änderungen mit Bauvorhaben an der Knollstraße (2005), Belmer Bach/Röthebach (2007), Haseniederung (2011) und Nettetal (2016).
Was 1958 als „natürliche Umgebung als Kraftquell für den Menschen“ gedacht war, wird in Salamitaktik angeknabbert, ausgehöhlt und immer weiter erodiert.
Die vorliegende Grafik aus 2020 zeigt die in den letzten Jahren realisierten und derzeit in Planung befindlichen Bauvorhaben in den Grünen Fingern und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aktuell sollen nach dem Willen unserer Stadtplaner an mindestens 22 Stellen größere Freiflächen überplant und versiegelt werden, die bislang der Naherholung, Kaltluftzufuhr und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen dienen. Sinnvoll in Zeiten von Corona, Klimakrise und Artensterben?
Über das Geodatenportal der Stadt Osnabrück können Sie sich selbst Klarheit über die Abgrenzung der Grünen Finger verschaffen: http://geo.osnabrueck.de/gruene_finger/?i=map
Eingetretene Änderungen können über das digitale Bebauungsplankataster https://geo.osnabrueck.de/bplan/ und das Ratsinformationssystem der Stadt Osnabrück nachvollzogen werden. Siehe auch hier.
Text: Carolin Kunz
Abbildungen: Die Abbildungen wurden uns freundlicherweise aus dem Forschungsprojekt „Grüne Finger“ der Hochschule Osnabrück zur Verfügung gestellt.
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