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Neues Gewerbegebiet auf altem Niedermoor

Von Josef Klausing
Südlich der Niedersachsenstraße in Quakenbrück soll ein neues Gewerbegebiet auf historischem Moorboden entstehen, direkt an einem FFH-Gebiet. Die Flächen gehören zur Gemeinde Badbergen, Eigentümer ist die Samtgemeinde Artland.
Dieser Bericht zeigt, wie sehr wirtschaftliche Interessen den Belangen des Klima- und Artschutzes entgegenstehen: Im zukünftigen Vorbehaltsgebiet für Torferhaltung wird im großen Stil Boden abgetragen, Hochwassergefährdung wird in Kauf genommen und Bebauungspläne werden bis an die Grenze rechtlicher Möglichen geändert, notfalls für politische Entscheidungsträger auch mal händisch. Dazu ein lückenhafter Umweltbericht mit telefonischen Absprachen. Es folgt der Versuch aufzuzeigen wie Politik, Verwaltung und Planer dieses Gewerbegebiet auf den Weg brachten.
Juni 2020: Im Bauausschuss der Gemeinde Badbergen erläutert Herr Dehling vom Planungsbüro Dehling & Twisselmann (D&T) den Bebauungsplan Nr. 30 A „Gewerbegebiet Zwischen den Bahnen - Erweiterung“. Auf Nachfrage der Fraktionsgruppe SPD/B’90 - Die Grünen, ob eine Baugrunduntersuchung durchgeführt wurde, teilte er mit, dass dies nicht Aufgabe der Bauleitplanung sei und auch seitens der Stellungnahmen nichts dergleichen erwähnt oder angeregt wurde. Die Gruppe bemängelt ebenso, dass bis dato nur ein Interessent für ein ca. 5.000 m² großes Grundstück benannt sei. Von der Fraktionsgruppe CDU/FDP/UWG/Werner Meier wird darauf verwiesen, dass die Samtgemeinde gerne Flächen für Gewerbe- und Industriebetriebe vorhalte und man deshalb auch mal was riskieren müsse, bevor Interessenten abwandern.
Dezember 2020: Der Badberger Gemeinderat beschließt mehrheitlich - gegen die Stimmen der Gruppe SPD/B’90 - Die Grünen – den Bebauungsplan Nr. 30 A als Satzung nebst Begründung. Inklusiv der Erschließung mit einem jeweiligen Kostenrahmen von 1,5 Mio € für die Haushaltsjahre 2021 und 2022. Bis dahin hatte die Oppositionsgruppe vergeblich versucht, diese Investitionen zu streichen.
Februar 2021: Der Bebauungsplan der Gemeinde Badbergen Nr. 30 A „Gewerbegebiet Zwischen den Bahnen - Erweiterung“ wird im Amtsblatt des Landkreises Osnabrück veröffentlicht und somit rechtsverbindlich.
Bereits im Vorfeld wurde seitens der Badberger Fraktionsgruppe SPD/B’90 - Die Grünen die Ausweisung des Gebiets sehr kritisch gesehen, da es sich hier um ein landwirtschaftliches kultiviertes Niedermoor handelt. Bei Voruntersuchungen wurden an einigen Stellen eine bis zu 1,6 m starke Torfschicht festgestellt. Der Landkreis Osnabrück als Untere Bodenschutzbehörde wies bereits darauf hin, dass bei Entfernung der Torfschichten es zu einer nicht unerheblichen Freisetzung von CO2 als klimarelevantem Gas führe und anfallender Bodenaushub mit erheblichen Kosten verwertet bzw. entsorgt werden müsse, da der Aushub als Sondermüll zu betrachten sei.
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Randbedingungen für das Plangebiet

In den digitalen Umweltkarten Niedersachsens ist das Gebiet mehrfach als Moor mit bedeutenden Funktionen ausgewiesen, u.a. als „Kohlenstoffreiche Böden mit Bedeutung für den Klimaschutz“ sowie „ ... auf denen es bei Wiedervernässung gemäß der Bodeneigenschaften zu einer THG-(Treibhausgas)Verminderung kommen kann“ und als „Moor mit besonderer Bedeutung für Brutvögel (wertvolle Bereiche 2010, ergänzt 2013), Gastvögel, Wiesenvogelschutz und Großvogelarten“.
Es liegt innerhalb der „Grother Mersch“, das überwiegend aus kultivierten Niedermoor- und feuchten Gleyböden besteht. In dieser Kulturlandschaft befinden sich teilweise offene, großflächige sowie partiell extensiv genutztes Feuchtgrünland und eine Kompensationsfläche mit Blänke (ID 2647). Im Norden verläuft auf 380 m Länge die "Lechterker Rückleitung“, die zum FFH-Gebiet „Bäche im Artland“ (NI-Nr. 53, EU-Code DE3312331) gehört. Im Umfeld befinden sich zudem die FFH-Gewässer "Quakenbrücker Rückleitung" und "Grother Kanal". Insgesamt ein „Avifaunistisch wertvoller Bereich“ und als „Wertvoller Wiesenvogelbrutbereich“ deklariert (kartiert durch den Arbeitskreis Feuchtwiesenschutz Westniedersachsen e.V.: Wiesenvögel im westlichen Niedersachsen, Quakenbrück, Osnabrück, 1998). In den 90er Jahren wurde ein Vorkommen des Laubfrosches belegt, zudem Steinbeißer, Kiebitz (in den 90er Jahren z.T. mit hohem Bruterfolg), Bekassine, Großem Brachvogel, Braunkehlchen, Neuntöter und Nachtigall. In den letzten Jahrzehnten sind im Plangebiet und in der Grother Mersch die Wiesenvogel-Populationen allgemein sehr stark zurückgegangen. Im Artenschutzgutachten aus 2014 wurden keine Vogelarten des Offenlandes mehr als Brutvögel erfasst. Brachvogel, Feldlerche und besonders der Kiebitz sind dem Gutachten zu Folge der verstärkten, intensiven landwirtschaftliche Nutzung zum Opfer gefallen.
Obwohl auch der Landkreis Osnabrück in diesem Gebiet erhaltenswerte Torfschichten feststellt und trotz gegenseitiger Verpflichtung der Gemeinde Badbergen mit der Samtgemeinde Artland die Biodiversität zu fördern, soll mit der Erschließung begonnen werden.
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Sommer 2022: Doch dazu kam es erstmal nicht. Ein Fachgutachten der Fa. Umtec, das die Gemeinde Badbergen und der Wasserverband Bersenbrück für die anstehenden Erschließungsarbeiten in Auftrag gegeben hatten, stellte die schon angemahnte Sinnhaftigkeit des Vorhabens in Frage.
Die darin festgestellte ca. 1m dicke Torfschicht bot weder für Straßen noch für Gebäude eine ausreichende Tragfähigkeit. Dies wurde jedoch auch schon vor Verabschiedung des B-Plans durch die SPD/Grüne-Gruppe im Badberger Gemeinderat kommuniziert. Zudem wurden im Oberboden erhöhte Sulfat- und Schwermetallkonzentrationen festgestellt. Auf Grund der festgestellten hohen Grundwasserstände ist auch eine Versickerung von Niederschlagswasser im Untersuchungsgebiet nur begrenzt möglich.
Um eine Standfestigkeit zu gewährleisten müsste die gesamte alte Torfschicht abgetragen und gegen neuen Boden ausgetauscht werden. Allein der Bodenaustausch wurde durch das Ingenieurbüro Westerhaus mit ca. 14,7 Millionen Euro veranschlagt, weitere 3 Millionen Euro für die Erschließung. Der Preis pro Quadratmeter würde so auf 235 Euro steigen, für einen Verkauf völlig unrealistisch. Auch eine Halbierung der Fläche für 9 Gewerbegrundstücke, sie wurde mit mehr als 9,2 Millionen Euro veranschlagt, wäre keine Alternative. Die Planungen wurden daraufhin erstmal gestoppt, die zukünftige Nutzung sollte grundsätzlich überdacht werden.
Ratssitzung der Gemeinde Badbergen: Die Kosten für die Gemeinde bis zu diesem Zeitpunkt werden mit 123.000 Euro angegeben. Ratsherr Holger Fuchs-Bodde-Gottwald (Bündnis 90/Die Grünen) zeigte sich enttäuscht, da er während des Genehmigungsverfahrens mehrfach auf diese Problematik hingewiesen hatte. Um dem Hochwasserschutz zu genügen, müsste laut der Wassertechnischen Voruntersuchung des schon o. g. Ingenieurbüros Westerhaus aus Bramsche zudem ein weiterer Meter Füllboden aufgebracht werden. 2022 hatte das Büro für die Ableitung des Oberflächenwassers des benachbarten Quakenbrücker Bebauungsplan Nr. 24 B diese Voruntersuchung erstellt. Für eine Bebauung müsste also neben dem Oberboden, die ca. 1 m tiefe Torfschicht ausgekoffert und anschließend eine über 2 m hohe Füllschicht aufgebracht werden!
Der Dauer-Wasserspiegel in den Gewässern in Quakenbrück und in allen Regenrückhaltebecken in Quakenbrück liegt bei 22,40 m NHN. Um eine Überflutung benachbarter Grundstücke zu vermeiden, muss demnach das Gelände auf mindestens 24,00 m NHN angepasst werden. Zudem ist ein neues Regenrückhaltebecken „Südwest“ geplant, welches sich mittlerweile schon in Bau befindet. Im Zuge des Hochwasserschutzes sollen für die angrenzenden Gewerbegrundstücke ein Höhenniveau von 24,00 m NHN vorgeschrieben werden. Da diese Bereiche nur wenige hundert Meter entfernt vom Plan-Gebiet „Zwischen den Bahnen“ liegen und die gleichen Höhenlagen aufweisen, trifft die Hochwassergefährdung auch hier gleichermaßen zu.
Dass die Maßnahmen zum Hochwasserschutz ernst zu nehmen sind, zeigen die Hochwasser von 1998 und 2023. Fast das gesamte Plangebiet stand damals unter Wasser.
Die Fraktionsgruppe SPD/B’90 - Die Grünen im Rat der Gemeinde Badbergen beantragt eine Evaluation, um zukünftig Fehlplanungen zu vermeiden. Stellungnahmen sollen gründlicher gelesen und Entscheidungen erst getroffen werden, wenn Klarheit herrsche. Bemängelt wird auch, dass das Planungsbüro D&T bekannte Daten nicht zur Kenntnis genommen habe. Die Fläche solle jetzt nicht zwingend einer Nutzung zugeführt, sondern renaturiert werden.
Herbst 2022: Samtgemeinde (SG) Artland: Fast gleichzeitig beantragen die Samtgemeindefraktionen von CDU und SPD jeweils, den Bau eines Solarparks zu prüfen. Die CDU zusätzlich ein angepasstes Nutzungs- und Erschließungskonzept. Zudem wird die Verwaltung beauftragt, einen Kriterienkatalog für die Entwicklung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen zu erarbeiten.
Der Landkreis Osnabrück gibt eine Machbarkeitsstudie zur Wiedervernässung der Fläche inklusive Installation einer Flächen-PV-Anlage bei Ingenieurgesellschaft Hofer & Pautz GbR, Altenberge in Auftrag.
Frühjahr 2023: SG Artland: Die CDU-Fraktion beantragt, neben der Errichtung eines Agri-PV-Parks auf der südlichen Fläche eine Prüfung, ob eine Bebauung durch Pfahlgründung unter Beibehaltung der Torfschichten und einer direkten Anbindung an die Niedersachsenstraße im nördlichen Bereich möglich sei. CDU-Vorsitzender Matthias Brüggemann: Es werde ein transparenter und zügiger Prozess nötig, um so schnell wie möglich Gewerbeflächen zu schaffen. Die SPD-Faktion bleibt bei einer Prüfung zur Errichtung eines PV-Parks bei gleichzeitiger Vernässung der Flächen, jedoch ohne weitere Bebauung.
Für die Grünen bleibt der Schwerpunkt auf Erhalt bzw. Revitalisierung der historischen Moorböden, ohne jegliche weitere Bauplanungen und den damit verbunden Kosten. Sie erinnern auch an die Überschwemmung von 1998 die aufgrund von regionalem Starkregen zu einem Wasserstand von ca. 60 bis 70 cm auf der genannten Fläche führte. Das beträfe dann auch die Sicherheit einer möglichen Photovoltaikanlage. Einig ist man sich, dass die Auswirkungen einer Wiedervernässung auf die umliegenden Flächen geprüft werden soll.
Die Verwaltung soll bis zur nächsten Sitzungsrunde die noch offenen Fragen beantworten und in Abstimmung mit den Mitgliedsgemeinden einen Kriterienkatalog für die Entwicklung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen (FF-PV-Anlagen) erarbeiten.
Sommer 2023: SG Artland: Der Kriterienkatalog zur Steuerung von FF-PV-Anlagen wird vorgestellt und beraten. Um den Vorgaben des Landes Niedersachsen zu genügen, legt die Samtgemeinde eine maximale Obergrenze von 90 ha (ca. 0,47 % der Samtgemeindefläche) auf ihrem Gebiet fest, bei gleichzeitiger Maximalgröße von 10 ha für einzelne Anlagenstandorte. Zum Schutz des Landschaftsbildes soll bei aufgeständerten Agrarphotovoltaikanlagen eine maximale Höhe von 6,00 m gelten. Wie wenig ernst man diese selbst auferlegten Kriterien nimmt, zeigt schon die laufende Planung für eine FF-PV-Anlage im Wehdeler Windpark, die mit einer Größe von über 100 ha sämtlich fixierte Flächengrößen sprengt. Der Katalog soll nun mit den Mitgliedsgemeinden abgestimmt werden. Ein weiterer Antrag der SPD soll zudem prüfen, ob eine Photovoltaikanlage auf der Fläche durch die Samtgemeinde selbst zu betreiben sei.
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Die Machbarkeitsstudie (Ingenieurgesellschaft Hofer & Pautz GbR): Zielsetzung war eine torferhaltende Bewirtschaftung mit geringen CO2-Emissionen bei gleichzeitigem Betrieb von Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Negative Auswirkungen einer Wiedervernässung sollten möglichst vermieden werden. Die Voruntersuchungen: Die Fläche besteht überwiegend aus Erdniedermoor mit teilw. Mineralischen Einlagen. Die Gesamttorfschicht liegt zwischen 0 m im Osten und 1,33 m im zentralen Bereich und ist stark beeinflusst durch die landwirtschaftliche Vornutzung und Entwässerung, siehe Abb. 5. Der Oberboden ist durch Bearbeitungs- und Düngungsmaßnahmen ebenfalls stark verändert. Im Osten sowie auf kleinflächigen Bereichen im Nordosten verfügen die Böden über zu geringe Humusgehalte und können somit nicht als Torf bezeichnet werden. Hierbei handelt es sich um Tiefumbruchböden aus Niedermoor oder um Moorgley.
Neues Gewerbegbiet auf altem Niedermoor (Kopie)

Die tiefliegenden Gräben und Bäche wie die zügig fließende Lechterker Rückleitung, die Teil des FFH-Gebietes „Bäche im Artland“ ist, sowie über den linksseitigen Grundabzug (aufgrund ihres Ausbauprofils sind beide Gewässer dem Biotoptyp „stark begradigter Bach“ zugeordnet) entziehen den unteren mineralischen Schichten stellenweise das Wasser. Die regelmäßig vorkommenden ehe-maligen bzw. noch erhaltenen Grüppen in nordsüdlicher Richtung mit 10 - 30 cm Tiefe waren im Februar 2023 z.T. mit Wasser gefüllt. Der Wasserspiegel lag ca. 8 - 25 cm unter Flur, bei Geländehöhen zwischen 22,791 bzw. 22,957 m NHN, siehe Abb. 6. Es stand somit oberflächennah an, der Boden wies somit eine hohe Wassersättigung auf. Einige Tage später war dieses Wasser jedoch nicht mehr vorhanden, was die Verfasser auf eine hohe Durchlässigkeit des Bodens schließen ließ (Entgegen den o.g. Angaben der Fa. Westerhaus und dem vorausgegangene Gutachten der Fa. Umtec, dass auf Grund der hohen Grundwasserstände eine Versickerung von Niederschlagswasser im Untersuchungsgebiet kaum möglich sei). Gegenüber der Funktion eines Niedermoores als Nährstoffsenke belastet die entwässerte, landwirtschaftlich genutzte Fläche durch austretende Nährstoffe die anliegenden Gewässer.
3 Szenarien zur PV-Nutzung

Szenario 1 - Extensivierung der Nutzung: Umstellung auf extensive Bewirtschaftung, mit Beibehaltung der hydrologischen Situation. Die Nutzung/Pflege kann durch Schafbeweidung oder eine ein- bis zweimal jährlichen Mahd erfolgen. Mögliche Flächengröße wäre 10,94 ha. Mit der Maßnahme würden 133 t CO2-Äq. pro Jahr eingespart.
Szenario 2 - Extensivierung der Nutzung und hydrologische Optimierung: Dieses Szenario kombiniert die bereits in Szenario 1 beschriebene Extensivierung der Nutzung und Pflege mit einer Aufhebung der Binnenentwässerung. Diese erfolgt, indem die Grüppen und Drainagen, welche Niederschlagswasser von der Fläche in die umliegenden Bäche und Gräben abfließen lassen, verschlossen werden. Dies hätte keinen erheblichen negativen Einfluss auf die angrenzenden Bäche sowie die Nachbarflächen, da keine den Grundwasserstand verändernden Bodenmaßnahmen umgesetzt würden. Die Biotopentwicklung tendiert in diesem Fall zu feuchteren Biotoptypen, einem Mosaik aus mesophilem Grünland mäßig feuchter Standorte, artenärmerem Extensivgrünland und Flutrasen. Die bewirtschaftete Fläche mit Torfauflage mit 9,85 ha wäre etwas kleiner. Es würden 138 t CO2-Äq. pro Jahr und gegenüber der reinen Extensivierung 5 t CO2-Äq. eingespart. Auch bei diesem Szenario würde es sich weiterhin um eine torfzehrende Bewirtschaftung handeln.
Szenario 3 - Vernässung: Für eine Wiedervernässung stünden ca. 8,9 ha Grünland zur Verfügung, auf dem der Torf in verschiedenen Mächtigkeiten enthalten ist. Im Nordosten konnten nur mineralische Böden festgestellt werden, die nicht als Torf klassifiziert werden konnten, der südöstliche Wald soll erhalten bleiben. Ein Rückbau bzw. das Verschließen von Drainagesystemen sowie eine Verfüllung des Grabens auf der Fläche sind dann obligatorisch. Durch das Abschieben des Oberbodens und die Entfernung der aktuellen Vegetation werden ursprüngliche Standortverhältnisse für die Besiedelung einer niedermoortypischen Ziel-Vegetation geschaffen. Um weitere Oberflächen- und Grundwasserverluste zu vermeiden, ist neben dem Bau von Verwallungen eine Umfassung der Fläche mit Spundwänden eine weitere Option. Die Maßnahmen zur Vernässung hätten keine Auswirkungen auf die umliegenden Flächen sowie auf die im Umfeld befindliche Infrastruktur und Schutzgebiete. Eine nachhaltige klimaverträgliche Bewirtschaftung von Mooren kann durch Paludikultur erfolgen. Je nach Überstauzeiten können jährlich bis zu 335 t CO2-Äq. im Jahr eingespart werden. Eine torfhaltende Wiedervernässung auf dieser Fläche wäre jedoch mit hohen Kosten verbunden.
Fazit der Machbarkeitsstudie: Die extensive Grünlandnutzung (Szenarien 1 +2) ist sowohl mit einer Flächenphotovoltaik als auch mit Agri-Photovoltaik-Anlagen vereinbar, da sich die hydrologischen Verhältnisse hier nicht signifikant verändern. Bei Wiedervernässung (Szenario 3) ist auch hier die Agri-PV der beste Weg, um die Fläche mit Paludikultur zu kombinieren.
In allen Szenarien eignet sich die Fläche eher nicht als Kompensationsfläche. Sie könnte aber je nach erzielter Biotopwertigkeit als flächeninterne (Teil-)Kompensation für den Bau einer PV-FFA dienen.
Bezogen auf die Kosten-Nutzen-Frage wird Szenario 2 als die beste Option bezeichnet. Bei Szenario 3 liegen die Gesamtkosten um ein Vielfaches höher. Allein die Planung einer Agri-PV auf aktuell wenig erprobten wiedervernässten Moorböden ist nicht einfach ist. Zudem der Aufwand für Pflege und Wartung entsprechend höher. Allerdings sind mit dem EEG 2023 PV-Anlagen auf dauerhaft wiedervernässten Moorböden förderfähig inkl. Bonuszahlungen für hoch aufgeständerte Agri-PV-Anlagen.
Eine Wiedervernässung auf zentral gelegenen Teilbereichen mit starken Torfschichten könnte möglicherweise mit geringerem finanziellem Aufwand realisiert werden. Ob dann weiterhin eine PV-Anlage auf der gesamten Fläche errichtet würde oder nur auf nicht vernässten Bereichen, bliebe abzuwägen. Unbebaute Teilflächen im Solarpark könnten Synergien zwischen Klima- und Naturschutz erzeugen. Auch könnten so zusätzliche Lebensräume und Habitatstrukturen geschaffen werden.

Noch Sommer 2023: SG Artland: Die CDU- und FDP-Fraktionen halten weiterhin am B-Plan fest, da die beauftragte Machbarkeitsstudie zeigt, dass auf einer Teilfläche eine Bebauung möglich sei, da dort kein Torf vorhanden sei und zudem eine Freiflächen-Photovoltaikanlage ergänzt werden könnte. Die SPD folgt hier der Sichtweise der CDU. Die Grünen hinterfragen hier, ob der gültige Bebauungsplan überhaupt in dieser Form realisierbar oder ob dieser zu erneuern sei. Herr Wuller, Fachbereichsleiter Planen, Bauen und Umwelt, teilt mit, dass der Bebauungsplan öffentlich bekannt gemacht worden ist und dadurch Rechtskraft habe. Weitere Rahmenbedingungen würden von der Verwaltung geprüft. Das spätere Ergebnis dieser Prüfung: Die seitens der CDU-Fraktion geforderte Anpassung des Nutzungs- u. Erschließungskonzeptes erfordert nun doch zwingend eine Anpassung des bestehenden B-Planes der Gemeinde Badbergen. U.a. wegen zusätzlicher Zufahrten von der Niedersachsenstraße müsste das Fachgutachten zur FFH-Verträglichkeitsuntersuchung des unmittelbar angrenzenden FFH-Gewässers der „Lechterker Rückleitung“ erneuert werden. Auch Flächenabschnitte für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Natur und Landschaft und der naturnahen Entwicklung müssten angepasst werden. Zusätzlich müsse auch eine neue wasserrechtliche Genehmigung für die erforderlichen Durchlässe in der „Lechterker Rückleitung“ beantragt werden. Auch eine Neuausweisung des südlichen Teils als Flächen für Versorgungsanlagen "Erneuerbare Energien" i.V. mit "Fläche für die Landwirtschaft" mit Agri-PV Anlagen müsste erfolgen. Falls zudem auf ausgewiesenen Straßenverkehrsflächen Agri-PV Anlagen aufgestellt werden sollen, müsste das abgeklärt werden. Ansonsten ist die Aufstellung gemäß der aktuellen Ausweisung zunächst nur innerhalb der Baugrenzen zulässig.
Probleme?

Die Verwaltung weist darauf hin, dass eine Bebauungsplanänderung, insbesondere zu der Thematik der Erhaltung der historischen Moorböden, womöglich seitens der Fachbehörden sowie der Umweltverbände kritisch begleitet und voraussichtlich rechtlich überprüft werden würde. Insbesondere im Hinblick des unmittelbar angrenzenden FFH-Gewässers wird es seitens des Landkreises keine Unterstützung geben. Des Weiteren soll dieser Bereich im RROP des Landkreises Osnabrück vollständig als Vorbehaltsgebiet für die Torferhaltung dargestellt werden. Eine 1. Änderung des B-Planes würde demnach nicht den Zielen des zukünftigen RROP entsprechen und daher nicht rechtskonform nach den geforderten Zielen des Baugesetzbuches aufgestellt werden können. Eine rechtsverbindliche Änderung des Bebauungsplanes im erforderlichen vollumfänglichen Verfahren wäre demnach wohl nicht ohne weiteres möglich bzw. mit einem großen Klagerisiko behaftet.
Es folgt ein weiterer Erschließungsvorschlag des Ingenieurbüros Westerhaus. Demnach können unter Berücksichtigung des bestehenden B-Plans ca. 1,3 ha bebaut werden.
Die östliche Anbindung wird als Stichstraße mit Wendeanlage dargestellt. Die Anbindung an die Niedersachsenstraße wird demnach wie in der ursprünglichen Planung ausgeführt. Zudem würde im südöstlichen Bereich ein dem Einzugsgebiet entsprechendes, verkleinertes Regenrückhaltebecken vorgesehen werden. Die gesamte Erschließungsstraße würde direkt als Endausbau ausgeführt werden.
Wegen den hohen Gesamterschließungskosten von ca. 710.000 € wird angeregt, den festgelegten Grundstücksverkaufspreis i.H. v. 25 €/qm zu überdenken, um Interessenten ein wirtschaftlich akzeptables Gewerbegrundstück anbieten zu können, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass für die erforderliche Geländeauffüllung ohnehin noch weitere Aufwendungen anfallen.
Herbst 2023: In der folgenden politischen Sitzungsrunde auf SG-Ebene wird der Antrag der Fraktion Bündnis90/Die Grünen, die Vernässung gemäß dem Szenario 3 der Machbarkeitsstudie umzusetzen, abgelehnt, obwohl es das einzige Szenario mit einer Torferhaltung als Zielsetzung der Studie ist.
Beschlossen wird, dass im westlichen Teil auf einer Fläche von ca. 7,1 ha ein Freiflächenphotovoltaikpark entwickelt werden soll. Zudem eine Wiedervernässung, auf welche Weise bleibt zunächst noch offen. Dazu soll im nordöstlichen Teil auf einer Fläche von ca. 1,29 ha, entsprechend dem gültigen B-Plan, ein Gewerbe- u. Industriegebietsflächen entwickelt werden. Die Kosten der Teilerschließung von 556.000 € werden von der Samtgemeinde übernommen und im Haushalt 2024 bereitgestellt. Der Wasserverband Bersenbrück würde anteilig die Kosten für die Regenkanalisation sowie für das Regenrückhaltebecken ca. 150.000 € übernehmen. Die vollerschlossenen Industrie- und Gewerbegebietsflächen werden zum Endpreis von 50,00 €/qm von der Samtgemeinde vermarktet. Demnach erfolgt keine Abrechnung der Erschließungskosten über die Gemeinde Badbergen.

grenzten FFH-Gebietes wird der Boden gegen Füllboden ausgetauscht. In den noch nicht
wiederverfüllten Bereichen steht das Wasser bis zur Geländeoberkante. Die Fläche des geplanten
Solarparks wird anscheinend komplett umgraben. Südlich der Lechterker Rückleitung (rechts
im Bild) werden im FFH-Gebiet Schutzstreifen mit Sand aufgefüllt.
Herbst 2024: Die Erschließungsarbeiten beginnen. Die Erdbewegungen gehen offensichtlich weit über den bisher geplanten Bereich hinaus.
Nach welchen Plänen die Erschließung erfolgt, ist bisher nicht ersichtlich. Weder der gültige B-Plan, der Teil-Erschließungsplan noch die neue Flächenbilanz geben Aufschluss darüber oder können die Tiefbauarbeiten mit streifenweiser Entfernung des Torfkörpers und das stellenweise verfüllen mit Sand begründen (vgl. Abb. 1,7,8, 9, 11).
Mit der Übernahme des FFH-Gebietes in deutsches Recht als Landschaftsschutzgebiet wurden Abgrenzungsanpassungen vorgenommen, die zu einer Reduzierung des FFH-Gebietes „Bäche im Artland“ innerhalb des Plangebietes um ca. 1.500 m², von ca. 7.400 m² auf ca. 5.900 m² führten.
Im Umweltbericht des Planungsbüros Dehling & Twisselmann zum B-Plan Nr. 30 A ist zu lesen, das dem Planverfasser die Gebietsmeldung des FFH-Gebietes in diesem Bereich offensichtlich zu sehr von der fachlich gebotenen Gebietsabgrenzung abweicht. Es erfolgte 2018 mit dem Fachdienst Umwelt des Landkreises Osnabrück eine abschließende Abstimmung über die konkrete Abgrenzung des FFH-Gebietes für das Plangebiet. Demnach umfasst das FFH-Gebiet hier die Lechterker Rückleitung, einschließlich der Uferböschungen, sowie beiderseitig einen 10 m breiten Schutz- und Entwicklungsstreifen, gemessen ab Oberkante der Grabenböschung.

FFH-Gebiet
Im September 2019 wurde die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet (LSG) „Bäche im Artland“ beschlossen. Damit wurde die FFH-Gebietsmeldung in nationales Recht überführt und die Abgrenzungen im B-Plan übernommen.
Nach telefonischer Abstimmung am 30.03.2020 des Planungsbüros Dehling & Twisselmann mit dem Landkreis Osnabrück erfüllt die selbsterstellte Studie des Planungsbüros zur FFH-Verträglichkeit (Dehling & Twisselmann, 18. Dezember 2018) die erforderlichen Anforderungen an eine sachgerechte Beurteilung möglicher Auswirkungen der Planung auf das Schutzgebiet NATURA 2000, insbesondere bzgl. des FFH-Gebietes „Bäche im Artland“.
Die im Umweltbericht angegebene Breite des FFH-Gebiets entlang der Lechterker Rückleitung mit beiderseitigen 10 m breiten Schutz- und Entwicklungsstreifen, also insgesamt ca. 23 m, widerspricht der grafischen Darstellung im B-Plan. Hier beträgt die Breite, entsprechend der Grenzen des LSG, nur 16 m. Ursprünglich sollte der Merschdamm als Ausgleich zwischen den neu geplanten Zufahrten entsiegelt und geschottert werden, um Lebensraumverluste innerhalb des FFH-Gebietes zu vermeiden.

Während der derzeitigen Arbeiten wurde im 10 m breiten Schutz- und Entwicklungsstreifen südlich der Lechterker Rückleitung westlich und östlich der geplanten neuen Zufahrt in Teilen der Boden ausgetauscht und mit Sand verfüllt sowie mooriger Boden zwischengelagert (vgl. Abb. 11), ohne dass hierfür ein aus dem Bebauungsplan ableitbares Erfordernis besteht.
Seltsam ist auch, dass die Erkenntnisse aus einem artenschutzrechtlicher Fachbeitrag (BioConsult, August 2014) in der Planung zwar berücksichtigt sein sollen, aber im verwiesenem, ausführlichen Bericht in Kapitel 2.1.5.4 des Umweltberichts nicht zu finden sind, da es dieses Unterkapitel gar nicht gibt!
Die Gemeinde Badbergen als Planungsträger ist im Rahmen ihrer grundgesetzlich gesicherten Planungshoheit für ihre städtebauliche Entwicklung selbst verantwortlich und für die Aufstellung der Bauleitpläne zuständig. Innerhalb von Samtgemeinden ist hier die Samtgemeinde Artland für die Aufstellung des Flächennutzungsplans zuständig. Warum die Gemeinde Badbergen ihre Planungshoheit an die Samtgemeinde Artland abgegeben hat ist höchst bedenklich.
Nachzufragen bleibt auch, warum weder das Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz noch der Landkreis Osnabrück es in fünf Jahren geschafft haben, die neue Abgrenzung des FFH-Gebietes „Bäche im Artland“ öffentlich in ihren digitalen Portalen darzustellen!
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Bildnachweise
Abb.1 www.artland.de/bauen-wirtschaft/gemeindeentwicklung-und-bauen/bebauungsplaene-geodaten / / Josef Klausing
Abb. 2 www.umweltkarten-niedersachsen.de
Abb. 3 + 4 Josef Klausing
Abb. 5 + 6 Ingenieurgesellschaft Hofer & Pautz GbR, Altenberge
Abb. 7 Ing.-Büro Westerhaus, Bramsche
Abb. 8 www.artland.de/politik-verwaltung/politik/sitzungsinformationen/
Abb. 9 Josef Klausing
Abb. 10 https://opendata.lgln.niedersachsen.de, http://geowms.lkos.de/wmsservice, Josef Klausing
Abb. 11 www.artland.de/politik-verwaltung/politik/sitzungsinformationen/ Josef Klausing
Abb. 12 www.umweltkarten-niedersachsen.de, http://geowms.lkos.de/wmsservice, Josef Klausing
Die im Textteil nicht gesondert benannten Quellen stammen aus den Sitzungsinformationen der SG Artland, www.artland.de/politik-verwaltung/politik/sitzungsinformationen/