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Ergebnisse des Forschungsprojekts „PRODUKTIV. NACHHALTIG. LEBENDIG. GRÜNE FINGER FÜR EINE KLIMARESILIENTE STADT“

Herbstliche Eindrücke vom Herrenteichswall (Foto: M. Schreiber)

Carolin Kunz

Noch immer sind die Grünen Finger nicht allen Osnabrückern ein Begriff – und auch nicht, welche herausragende Rolle sie für die Attraktivität, Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit unserer Stadt spielen. Als Grüne Finger werden die radial angeordneten Freiräume bezeichnet, die wie Achsen oder eben Finger, die auf das Zentrum zeigen, bis fast in die Innenstadt reichen und die Stadt mit der umgebenden Landschaft verbinden. In ihnen finden sich land- und forstwirtschaftlichen Flächen, Kleingärten und öffentliche Grünanlagen. Mit diesen grünen Achsen und der dadurch sternförmigen Siedlungsstruktur verfügt Osnabrück über eine idealtypische Freiraumstruktur, um sich bestmöglich an den Klimawandel anzupassen. Sie sorgen dafür, dass man von fast jedem Ort in der Stadt innerhalb weniger hundert Meter eine grüne Lunge erreichen kann, um sich zu regenerieren, Gassi zu gehen, Sport zu treiben oder auch, um auf naturnahen Wegen zu Fuß, mit dem Rad oder E-Scooter sicher ins Zentrum oder ins Umland zu gelangen. Was für Menschen gilt, gilt auch für frische Luft: Von den Kaltluftentstehungsgebieten in den Außenbezirken kann sie durch die Grünen Finger in die Innenstadt strömen und so das Stadtzentrum im Sommer durchlüften und kühlen. Und auch für Tiere sind die Grünen Finger wichtige Lebens-, Wander- und Rückzugsräume, die die Artenvielfalt in der Stadt ermöglichen.

Unter dem Wachstumsdruck der Stadt drohen die Grünen Finger jedoch ihre ökologische, soziale und lebensmittelproduzierende Funktion zu verlieren. Insbesondere landwirtschaftliche Flächen werden zunehmend für Wohn- und Gewerbegebiete beansprucht.

Mit Spannung erwartet, liegen sie jetzt vor, die Ergebnisse des dreijährigen Forschungsprojekts „PRODUKTIV. NACHHALTIG. LEBENDIG. GRÜNE FINGER FÜR EINE KLIMARESILIENTE STADT“. Es sollte das Bewusstsein für den Wert der Grünen Finger schärfen, ihre vielfältigen Funktionen erforschen und Maßnahmen entwickeln, um diese Funktionen zu stärken und damit zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung beizutragen.  

Weil sich in den Grünen Fingern viele verschiedene Interessen und Fachdisziplinen überschneiden, verfolgte das Projekt einen transdisziplinären Ansatz. Unter der Leitung von Prof. Hubertus von Dressler, Fachbereich Landschaftsplanung und Landschaftspflege, arbeiteten verschiedene wissenschaftliche Disziplinen der Hochschule, Vertreter aus Politik und Stadtverwaltung, Flächeneigentümer und andere Schlüsselakteure sowie die interessierte Öffentlichkeit zusammen und entwickelten in einem transparenten Dialog Lösungsansätze, wie diese stadtnahen Landschaftsräume weiterentwickelt werden können, um die Resilienz und Klimaanpassung Osnabrücks zu stärken.

Was stand bei den Forschungen im Mittelpunkt?

Die zentralen Forschungsfragen dabei waren: Welche vorhandenen landschaftlichen Qualitäten müssen erhalten oder verbessert werden, um Krisen infolge des Klimawandels bewältigen zu können? Und welche Praktiken müssen verändert oder beendet werden, um das Ziel einer nachhaltigen, klimaresilienten Stadtentwicklung zu erreichen?

Dabei wurden die verschiedenen Funktionen der Grünen Finger analysiert, aufbereitet und bewertet, so dass alle Akteure ihre jeweilige Bedeutung nachvollziehen und als Grundlage für ihre weiteren Entscheidungen nutzen können.

Betrachtete Freiraumfunktionen waren:

  • Klimawandel/Klimaanpassung: Kühlung der Siedlungsbereiche, Rückhaltung von Wasser, Speicherung von Kohlenstoff
  • Biodiversität und Naturerfahrung: Wertvolle Lebensräume (insbesondere Feuchtlebensräume) und ihre Vernetzung
  • Landwirtschaftliche Produktion und regionale Versorgung: Wie finden Landwirte und Stadtgesellschaft besser zueinander?
  • Naherholung und Bewegungskultur: Welche charakteristischen Landschaftsräume, Orte, Aussichtspunkte und Wegesysteme spielen eine besondere Rolle für die Naherholung und als grüne Verbindungsstrecken?

Damit wurden Schwerpunkte für die Erhaltung oder auch Verbesserung der jeweiligen Funktionen identifiziert. Durch die Überlagerung von Flächen mit hoher Wirksamkeit einzelner Funktionen konnten zudem Bereiche in den Grünen Fingern identifiziert werden, die aufgrund ihres multifunktionellen oder individuellen Werts eine besondere Rolle für die Resilienz im gesamtstädtischen Wirkungsgefüge spielen. Dazu gehören zum Beispiel die Auen der Düte und Hase sowie die Tallagen der „erfrischenden Hügelrücken und Täler“ im Nordosten, die bei Hochwasser große Wassermengen zurückhalten können, eine hohe Biodiversität aufweisen und zum Teil als besonders wirksame CO2-Speicher einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Zudem transportieren die zumeist unbewaldeten Täler der „erfrischenden Hügelrücken“ (Nettetal, Sandbachtal, Schinkelberg, Röthebach-Belmer Bach) kühle Luft in überhitzte Siedlungsbereiche. Für den Klimaschutz spielen auch stetige Wälder wie z.B. in der Gartlage und entwässerte Niedermoorstandorte wie am Röthebach-Belmer Bach eine wichtige Rolle für die Kohlenstoffspeicherung. Der Westerberg als siedlungsnahe Agrarfläche hat einen hohen Naherholungswert, ermöglicht weite Ausblicke über die Stadt, sorgt für den Kaltluftabfluss in die angrenzenden Siedlungen und durch den regionalen Anbau von Nahrungsmitteln für den direkten Kontakt zwischen Landwirtschaft und Stadtgesellschaft. Besonders im östlichen Teil der Stadt, in der „aussichtsreichen Bergkette“ (Schölerberg, Ziegenbrink, Kalkhügel) und den „erfrischenden Hügelrücken und Tälern“ finden sich ertragreiche Böden mit kaum oder keinem zusätzlichen Bewässerungsbedarf in der Zukunft sowie landwirtschaftliche Betriebe, die durch ein vielfältiges regionales Vermarktungsangebot in direktem Austausch mit der Stadtbevölkerung stehen. Bergkuppen wie der Piesberg, Haster Berg oder Schölerberg bieten weite Blicke über die Stadt, besondere Sichtbeziehungen und erreichbare Naherholungsräume. Für die Biodiversität sind vor allem feuchte Lebensräume bedeutsam wie z.B. das Sandbachtal oder feuchte Wälder wie der Hörner Bruch. Verbesserungsbedarf gibt es beim Biotopverbund: So ist z.B. der Hörner Bruch durch seine Lage zwischen Autobahn und Bahnschienen schlecht vernetzt und erfordert Querungshilfen sowohl für Tiere als auch für Menschen. Insgesamt wurden 13 Räume ermittelt, die bereits eine hohe Dichte an Freiraumfunktionen und individuellen Qualitäten aufweisen, aber auch einzelne Funktionen innerhalb dieser Bereiche, die verbesserungsbedürftig sind, damit Osnabrück dem Klimawandel mit optimaler Resilienz begegnen kann. Zusätzlich zu den bisherigen Grünen Fingern wurden der Ziegenbrink und der Sandforter Bach als neue Grüne Finger identifiziert.

Beigleitung durch die Arbeitsgruppe Politik

Die Hase am Herrenteichswall (Foto: M. Schreiber)

Die Arbeitsgruppe Politik, die aus je einem Vertreter jeder Partei, dem Stadtbaurat sowie dem Naturschutzbeauftragten der Stadt bestand, definierte 8 Leitsätze zur Entwicklung der Grünen Finger. Zum Beispiel: „In den Grünen Fingern werden Synergien zwischen einer nachhaltigen landwirtschaftlichen Nutzung, Kompensationsleistungen (als zweites oder drittes Standbein der Landwirtschaft) und Freiraumfunktionen wie Kaltlufttransport, Hochwasserretention, Kohlenstoffspeicherung, Arten- und Biotopschutz und Naherholung erhalten und neu geschaffen. Landwirtschaftliche Flächen, die solche Synergien ermöglichen, werden politisch wertgeschätzt und langfristig planerisch gesichert.“

Auf sechs rund sechsstündigen geführten Walks durch je einen oder zwei der Grünen Finger konnten die untersuchten Freiraumfunktionen hautnah erlebt werden, z.B. der konstante kühle Luftzug Richtung Innenstadt am Haseuferweg. Die komplexen Nutzungsanforderungen und Interessenkonflikte wurden vor Ort deutlich und Zielkonflikte thematisiert und diskutiert.

Mehrere Wahrnehmungswerkstätten mit künstlerischen Arbeitsweisen in Kooperation mit Künstler*innen luden zum sinnlich-körperlichen, innigen Erleben der Grünen Finger, ihrer Talente und Schönheit ein, wie z.B. ein Fotoworkshop zum Thema Wind.

Mit einem Flächenanteil von 50 % sind Landwirt*innen in den Grünen Fingern eine besonders wichtige Akteursgruppe mit viel Gestaltungskraft. In Hofgesprächen wurde diese recht heterogene Interessengruppe in den Prozess eingebunden und zunehmend Vertrauen aufgebaut, so dass Entwicklungsperspektiven der Agrarbetriebe in das Konzept einer nachhaltigen Stadtentwicklung einfließen können. Dabei ging es z.B. um Anpassungsmöglichkeiten der Betriebskonzepte und Vermarktungswege für lokal angebaute Produkte.

Rund dreistündige Szenario- und Visionsworkshops mit dem Bürgerbeirat und der Schlüsselpersonengruppe machten Entwicklungsmöglichkeiten für die Stadt Osnabrück in erzählerischen Karten (Mappings) und Stories anschaulich. „Osnabrück international“, zeichnete das Bild einer Stadt, die auf Kosten der Grünen Finger wächst und wirtschaftlich prosperiert. „Der produktive Park“ ist ein zukünftiges Osnabrück mit multifunktionalen, miteinander verknüpften Grünräumen, für deren Gestaltung und Pflege sich unterschiedliche Gruppen engagieren. „Auf der sicheren Seite“ werden die Grünen Finger zwar unter Schutz gestellt, die Stadt aber nicht nachhaltig weiterentwickelt und prosperiert insgesamt wenig. Im Szenario „Die enge Gemeinschaft“ ziehen sich die Osnabrücker in einer schrumpfenden Weltwirtschaft in lokale Kleingärten-Gemeinschaften zurück.

Basierend auf den Ergebnissen der Raumanalyse und dieses ko-kreativen Prozesses ist eine Strategie zur Sicherung und Entwicklung der Grünen Finger entstanden – die Resilienzstrategie Grüne Finger.

Das Räumliche Zielkonzept definiert das Freiraumsystem der Grünen Finger im Sinne eines gesamtstädtischen, zusammenhängenden Freiraumsystems neu. Es identifiziert 13 Bereiche, in denen sich bedeutsame Freiraumfunktionen konzentrieren. Diese bilden die künftigen Grünen Finger, die als multifunktionale Resilienzräume gesichert und weiterentwickelt werden sollen. Weitgehend von Bebauung freizuhaltende Hellgrüne Finger verlängern die Grünen Finger über die Stadtgrenzen hinaus bis in die Umlandgemeinden. Ein Netz aus Grün-Blauen Verbindungen vernetzt die Grünen Finger untereinander, mit der bebauten Stadt und dem Umland. Sie unterstützen den Biotopverbund, die Retention, den Lufttransport in den Siedlungsraum und dienen als Wege zum Erreichen der Grünen Finger. Zentrale Achse durch die Stadt ist die Hase, während das Grün-Blaue Landschaftsband der Düte im Südwesten besonders wichtig für Feuchtlebensräume und ihre Vernetzung ist. Aus den Grünen und Hellgrünen Fingern im Netz der Grün-Blauen Verbindungen ergibt sich ein zusammenhängendes gesamtstädtisches Freiraumsystem, das langfristig im Sinne der multifunktionalen Infrastruktur weiterentwickelt werden kann, um Osnabrück im Klimawandel widerstandsfähig zu machen.

Zielperspektiven und Leitprinzipien

Fünf Zielperspektiven formulieren inhaltliche Ziele zur Entwicklung der Grünen Finger: Die Stadt soll klimaangepasst gestaltet werden, so dass das Freiraumsystem auf Extremwetterereignisse reagieren und zum Klimaschutz beitragen kann. Die stadtnahe Landwirtschaft soll zukunftsfähig gemacht werden und neben der urbanen Produktion von Nahrungsmitteln zu vielfältigen anderen Freiraumfunktionen beitragen. Die Grünen Finger sollen für die Stadtbevölkerung vielfältig erlebbar sein als lebendige Räume zur Erholung, dem Aufenthalt und der Bewegung. Urbane Gartenräume in den Grünen Fingern sollen offen gestaltet und vielfältig genutzt werden können. Tiere und Pflanzen im Stadtgebiet sollen in den Grünen Fingern wertvolle Rückzugsbereiche und vielfältige, vernetzte Lebensräume vorfinden.

Drei Leitprinzipien weisen dabei den Weg in ein zukunftsfähiges Osnabrück: Bekräftigen, Aktivieren und Beleben.

Bekräftigt werden soll zum einen das Freiraumsystem insgesamt, durch eine Charta zum Schutz und zur Weiterentwicklung der Grünen Finger, in deren Folge sie planungs- und z.T. naturschutzrechtlich abgesichert werden sowie verbindliche Siedlungsränder ausgebildet werden. Auch die produktive Nutzung der Grünen Finger durch Landwirtschaft und Gartenbau soll bekräftigt werden, durch verlässliche Rahmenbedingungen, langfristige Pachtverträge, finanzielle Mittel für Entwicklungsmaßnahmen auf landwirtschaftlichen Flächen, ihre klimaangepasste Bewirtschaftung sowie die Nutzung regionaler Produkte bei Veranstaltungen und städtischer Beschaffung. Und Lebensräume sollen bekräftigt werden, indem artenreiche Wald- und Offenlandlebensräume sowie Feuchtgebiete und nährstoffarme Biotope gesichert, entwickelt, konsequent miteinander vernetzt und rücksichtsvoll genutzt werden.

Aktiviert werden sollen die Klimafunktionen der Grünen Finger, indem multifunktionale Schwammbereiche zur Retention und Speicherung von Wasser gestaltet werden, kühlende Landschaftsräume gesichert und weiterentwickelt werden, die Durchlüftung optimiert wird und Bäche revitalisiert werden. Klimarelevante landwirtschaftliche Flächen sollen aktiviert werden, indem ihre Bewirtschaftung im Sinne der Klimaanpassung optimiert, Landwirte dafür motiviert und dabei unterstützt werden.

Das Leitprinzip Beleben zielt darauf ab, Planungsprozesse lebendig, auf Augenhöhe und im Dialog zwischen Bürgern, Politik sowie Fachleuten aus Wissenschaft und Praxis zu gestalten und somit den soziokulturellen Wandel zu einer zeitgemäßen Planungskultur zu fördern. Belebt werden sollen auch charakteristische Orte, z.B. Aussichtspunkte, Orte zum Verweilen, Lern- und Mitmachorte sowie Wege und das Wegenetz in und zwischen den Grünen Fingern. Und auch das Verhältnis zwischen Landwirtschaft und Stadtgesellschaft soll belebt werden, u.a. durch Hoffeste, Freizeitangebote mit landwirtschaftlichem Bezug, die Möglichkeit, dass Stadtbewohner gemeinschaftlich kleine Flächen bewirtschaften, sowie eine Radroute der Osnabrücker Agrarkultur.

Erst durch die Summe dieser Maßnahmen kann das gesamte Potenzial der Grünen Finger und ihr Mehrwert für die Stadtgesellschaft ausgeschöpft und die Stadt wirklich resilient für die Zukunft aufgestellt werden.

Erste Pilotprojekte dazu sind bereits angestoßen: Im Sandbachtal und am Röthebach sollen Schwammbereiche entstehen. Im Südwesten soll ein durchgängiges Wegesystem vom Schölerberg zum Westerberg eingerichtet werden. Die Radroute der Osnabrücker Agrarkultur wird etabliert.

Was macht die Politik aus den Ergebnissen?

Auf dieses Maß schrumpfen die Grünen Finger in den nächsten Jahren wohl nicht!
(Foto: M. Schreiber)

Spannender als die Projektergebnisse selbst ist jedoch die Frage: Werden die Erkenntnisse wirklich Eingang in das Handeln der Politik finden und eine Wende in der Stadtentwicklung und im Umgang mit den Grünen Fingern markieren?

„Wir lassen uns doch nicht von der Wissenschaft vorschreiben, wie wir Politik zu machen haben“ war da zu hören – eine bedenkliche Haltung, der wir immense globale Probleme zu verdanken haben!

Die Forschung geriet zum Wettlauf mit der Zeit: Parallel zum Projektverlauf gingen die Planungen an zahlreichen Bauvorhaben in den Grünen Fingern weiter. Immerhin konnte im Wahlkampf vor der Kommunalwahl im September 2021, in dem sich alle Parteien einvernehmlich für den Schutz der Grünen Finger aussprachen, ein Moratorium bis zum Vorliegen der Projektergebnisse erreicht werden.

Im Rahmen der „Initiative zur Rettung der Grünen Finger“, die vom NABU initiiert und von einem breiten Aktionsbündnis getragen wurde, konnte das Umweltforum dem neuen Stadtrat zu seiner konstituierenden Sitzung im vergangenen Herbst 5.600 (mittlerweile über 6.000) gesammelte Unterschriften überreichen. Auch dass die Grünen stärkste Fraktion im Stadtrat wurden, dürfte als klarer Wählerauftrag zu verstehen sein.

Und trotzdem lief es nicht glatt, als in der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses im Juni über den Umgang mit den Projektergebnissen entschieden werden sollte. Nach der Präsentation der Forschungsergebnisse und vorheriger ausführlicher Information und Beratung in den Fraktionen konnte sich eine Partei immer noch nicht dazu durchringen, den Empfehlungen des Gutachtens zu folgen, weil sie dadurch ein geplantes Baugebiet in Pye gefährdet sah, und kündigte weiteren Beratungsbedarf an – so wurde die Entscheidung in den Herbst verschoben.

In einem offenen Brief an die Ratsmitglieder äußerte das Umweltforum Bedenken, dass der Schutz der Grünen Finger verzögert, verwässert und auf unkritische Teilflächen reduziert werden könnte, und rief gemeinsam mit einem breiten Aktionsbündnis zum Schutz der Grünen Finger zur Einhaltung der Wahlversprechen auf.

Am 15. und 27. September war es dann geschafft: Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umwelt und anschließend der Stadtrat haben entschieden, dass die Projektergebnisse in das Integrierte Stadtentwicklungsprogramm (STEP) eingearbeitet werden sollen – zwar weiterhin als Abwägungsbelang, aber mit „Vorrang vor allen anderen Interessen" (Zitat Christiane Balks-Lehmann in der NOZ vom 21.09.22). Sollten aus zwingenden städtebaulichen Gründen doch Baumaßnahmen in Teilen der Grünen Finger erfolgen, müssen die beeinträchtigten Funktionen im jeweiligen Grünen Finger vor Ort ausgeglichen werden.

Es bleibt also spannend, ob die empfohlenen Maßnahmen wirklich konsequent umgesetzt werden und nicht nur die neu definierten Grünen Finger, sondern auch die so wichtigen angrenzenden Kaltluftentstehungsgebiete vor weiterer Versiegelung geschützt werden. Bekommt das Gemeinwohl, der Schutz unserer Lebensgrundlagen Vorrang vor den Interessen Einzelner und den Wirtschafts- und Wachstumsinteressen der Stadt? Wir bleiben wachsam!

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