Support

Lorem ipsum dolor sit amet:

24h / 365days

We offer support for our customers

Mon - Fri 8:00am - 5:00pm (GMT +1)

Get in touch

Cybersteel Inc.
376-293 City Road, Suite 600
San Francisco, CA 94102

Have any questions?
+44 1234 567 890

Drop us a line
info@yourdomain.com

About us

Lorem ipsum dolor sit amet, consectetuer adipiscing elit.

Aenean commodo ligula eget dolor. Aenean massa. Cum sociis natoque penatibus et magnis dis parturient montes, nascetur ridiculus mus. Donec quam felis, ultricies nec.

DE
Hamburger St. 12, 49084 Osnabrück
info@umweltforum-osnabrueck.de

Bedeutende Vogelpopulationen im östlichen Sauerland ohne Schutz – Mangelhafte Umsetzung der Vogelschutz-Richtlinie in NRW

Turteltaube: Mindestens 50% der Aktionsräume der auf 15-20 Brutpaare geschätzten Population liegen außerhalb
des ausgewiesenen VSG. Die Art ist im Standarddatenbogen des VSG nicht gelistet.

Harald Legge
Artenrückgang und wohlfeile Absichtserklärungen
Die Biodiversitätskrise ist neben der Klimakrise die besondere Herausforderung für Politik und Gesellschaft. Die Dramatik beim Artenschwund wird einmal mehr deutlich in der 2023 publizierten Roten Liste der Brutvögel von NRW (Sudmann et al. 2023). In deren Vorwort schreibt der zuständige Umweltminister Oliver Krischer: „ … es muss so sehr viel mehr getan werden, um die Zahl der Arten auf der Roten Liste wirklich nachhaltig zu reduzieren. …, die Arten und ihre Populationen dünnen … insgesamt erschreckend deutlich aus.“ (Krischer 2023)
Die im Zitat enthaltene Aufforderung bezieht der Minister leider offensichtlich nur begrenzt auf sein Handeln als für den Naturschutz in NRW Verantwortlichen. Denn Anfang 2024 ist im östlichen Hochsauerlandkreis und nördlich gelegenen Wäldern im Kreis Paderborn das 15.154 ha große Vogelschutzgebiet (VSG) DE-4517-401 „Diemel- und Hoppecketal mit angrenzenden Wäldern“ auf Grund der bedeutenden Populationen von u.a. Grauspecht, Neuntöter und Raubwürger ausgewiesen worden (vgl. Abb. 1). Die auf den ersten Blick gute Nachricht für den Arten- und Naturschutz macht auf den zweiten Blick jedoch gravierende rechtliche und fachliche Mängel bei der Ausweisung und insgesamt eine fehlende Ambition der NRW-Landesregierung in diesem Feld deutlich (vgl. dazu ausführlich Legge 2023)

Deutlich zu geringe Abgrenzung und fehlende Arten als Schutzgut des VSG

Karte in hoher Auflösung zum Download hier (5 MB).
Die kumulativ für die letzten Jahre dargestellten, von der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft im „Verein für Natur- und Vogelschutz im Hochsauerlandkreis e.V.“ (OAG VNV) ermittelten Vorkommen ausgewählter Arten der EU-Vogelschutz-Richtlinie (V-RL) zeigen, dass bedeutende Bestände nicht durch das ausgewiesene VSG (schraffierte Fläche) abgedeckt werden. Der VNV stellte darum 2021 für das hellbraun hinterlegte Gebiet einen Antrag auf Ausweisung eines VSG.
Zur genauen Verbreitung und Bestandsgröße von in der Karte genannten Arten im Gebiet, das auf Grund der Vorkommen eigentlich vollständig ins VSG hätte integriert werden müssen, siehe Legge (2024).

Rund 18.000 ha, die auf HSK-Seite fachlich fundiert hätten mit ins VSG integriert werden müssen (Schreiber 2021, Legge 2024), liegen außerhalb dessen Grenzen.
Sechs Arten sind überhaupt nicht im Standarddatenbogen (SDB) des VSG aufgeführt (LANUV 2024a), obwohl deren landesweit bedeutenden Populationen auch für diese Arten nach der EU-Vogelschutz-Richtlinie (V-RL) eine Ausweisung als VSG rechtlich gebieten (Schreiber 2021, Legge 2024).
Dazu zählen u.a. die gefährdeten Arten Turteltaube, Baumpieper und Feldlerche. Für letztgenannte Art (und andere) bemängelt die EU-Kommission in einem derzeit laufenden Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland das Fehlen von Schutzgebieten.
Noch größer wird das Defizit bezüglich der Liste der im VSG zu schützenden Arten angesichts eines aktuellen Urteils des europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 12.09.2024 (Az. C-66/23): Nach V-RL und Habitatrichtlinie bestehe für die EU-Mitgliedstaaten die Verpflichtung, für alle geschützten Arten und ihren Lebensraum individuelle Erhaltungsziele und Erhaltungsmaßnahmen festzulegen. „Das neue EuGH-Urteil bedeutet für die bereits ausgewiesenen Gebiete, dass in erheblichem Umfang weitere Arten als Erhaltungsziele nachzubenennen sind.“ (Schreiber 2024)

Die Folgen: Rechtsunsicherheit und fehlender Schutz

Baumfalke: Bis zu 50% der Aktionsräume der auf 10-15 Brutpaare geschätzten Population liegen außerhalb des
ausgewiesenen VSG.

Durch die Nicht-Einbeziehung bedeutender Vorkommen von in der V-RL gelisteten Vogelarten, für die das Land NRW laut V-RL und auf Grund der selbst aufgestellten Kriterien (Brocksieper & Woike 1999) rechtlich verpflichtend Schutzgebiete ausweisen muss bzw. müsste, besteht laut V-RL nun für diejenigen Gebiete der Status „faktisches VSG“, die zwingend in die Kulisse des VSG hätten aufgenommen werden müssen und wo dieses versäumt wurde (Legge 2024).
Eine Folge: Dort herrscht bis zur Einbeziehung in das VSG eine weitgehende rechtliche Veränderungssperre. Dieses strenge Schutzregime dient nach einschlägiger Rechtsprechung dazu, eine an ornithologisch-fachlichen Kriterien ausgerichtete Gebietsausweisung offenzuhalten und nicht durch vorangehende beeinträchtigende Planungen unrealistisch werden zu lassen. Da das Land NRW den Status „faktisches VSG“ für die unberücksichtigt gebliebenen Gebiete bestreitet, müsste/könnte diese Rechtsauffassung vor Gericht erstritten werden.
Diese Unsicherheit kann nicht im Sinne der Menschen, Unternehmen und Behörden vor Ort sein, bedeutet sie ja, dass jegliche behördliche Genehmigungen für Eingriffe in Natur und Landschaft gerichtlich „gekippt“ werden könnten, sollte der begründeten Rechtsauffassung bzgl. des „faktischen VSG“ in Gerichtsurteilen gefolgt werden.
Eine weitere Folge: Für die Vogel-Vorkommen außerhalb des VSG fehlen Schutzinstrumente. Zum einen besteht dort nicht ein Verschlechterungsverbot, das in Natura-2000-Gebieten gilt. Dort gibt es also zukünftig nicht die rechtliche Möglichkeit, den Erhalt der Qualität eines Lebensraums von Arten der V-RL durchzusetzen. Zum anderen können auf der Grundlage eines großflächigen Schutzkonzeptes z.B. für die Feldlerche die Landwirte nicht finanziell von freiwillig durchgeführten ökologischen Bewirtschaftungsformen (u.a. Angebote des Vertragsnaturschutzes) profitieren.
Bis auf weiteres kann darum den konkreten Gefährdungen nichts entgegengesetzt werden, denen die eigentlich zu schützenden Vogelpopulationen ausgesetzt sind.

Anmerkung zur Tabelle: Die Bestandsgröße bezieht sich bei den Arten, die der VNV kartiert hat, auf das gesamte, ausschließlich im HSK gelegene beantragte VSG. Bei den Arten, zu denen der VNV keine eigenen Erhebungen durchführte, wurde auf die Bestandsangaben des SDB zurückgegriffen, die sich auf das ausgewiesene VSG einschließlich der Flächen im Kreis Paderborn beziehen. Zählt man dadurch nicht berücksichtigte Bestände hinzu, erhöhen sich die Zahlen entsprechend. Bei Bestandsschätzungen " von ... bis ..." wurde die niedrigere Zahl zugrunde gelegt. Von Waldlaubsänger und Baumpieper gibt es keine Bestandserhebungen, von der Zippammer keine aktuellen. Von allen drei Arten gibt es in NRW kein ausgewiesenes VSG (daher die Wertung „Rang 1“).
Die Bedeutung des betrachteten Gebiets im Vergleich zu anderen VSG in NRW und Deutschland (Schreiber in Legge 2024). Die im SDB fehlenden Arten sind orange eingefärbt.

Gefährdungen lassen ein „Ausdünnen der Populationen“ befürchten

Raubwürger im Brutgebiet östlich Brilon. Von den im Jahr 2021 ermittelten 21 Brutrevieren befanden sich lediglich
zwei (!) vollständig im ausgewiesenen VSG, 19 dagegen ganz oder teilweise außerhalb; fast alle Winterreviere liegen außerhalb.

Die Gefährdungen, die negative Auswirkungen auf die Populationen der hier relevanten Arten haben, sind vielfältig, komplex und vielfach untersucht und dokumentiert. Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden solche Faktoren skizziert, die im Gebiet besonders zum Tragen kommen bzw. wo ein nennenswerter Einfluss angenommen werden kann.
Hauptgefährdung: die Verschlechterung und der Verlust von Habitaten
Auch im Raum Brilon-Marsberg, über weite Strecken geprägt durch Klein-Parzellierung der landwirtschaftlichen Flächen und durch Grenzertragsböden, führten in den letzten Jahren und Jahrzehnten die schleichenden Intensivierungsprozesse in der industriell ausgerichteten Landwirtschaft mit all ihren Folgen sowie die Entfernung von Hecken und lockeren Buschansammlungen zu Lebensraumverschlechterungen und -verlusten der Arten des Offen- und Halb-Offenlandes. Obwohl Hecken aufgrund gesetzlicher Vorgaben nicht entfernt werden dürfen, finden immer noch Rodungsmaßnahmen von Einzelbüschen und teilweise auch Hecken statt. Brutlebensräume z.B. für Neuntöter fallen dadurch weg oder werden entwertet. Da Neuntöter philopatrisch sind (Šimek 2001), ist die großflächige Zerstörung bzw. das Verschwinden von Büschen und Heckenstrukturen im Offenland gleichbedeutend mit dem Verlust der Reviere, weil die Eingriffe für die Tiere nicht ausgeglichen werden können. Beim Raubwürger hat die Fragmentierung geeigneter Bruthabitate durch Landschaftsverbrauch negative Auswirkungen auf den Bestand (Bauer et al. 2005, Grüneberg et al. 2013, Gedeon et al. 2014).
Die zunehmende Intensivierung des Grünlands durch die Umwandlung von Weiden und Wiesen in stark gedüngte Silageflächen zerstört die Nahrungsgrundlage zu schützender Arten, etwa der Feldlerche. Denn solche Flächen bieten Großinsekten keinen Lebensraum mehr (Kreuzinger und Hoomann 2018, vgl. Legge 2024).
Auch die Ackerflächen haben hohe Bedeutung für einige der für das Gebiet bedeutsamen Arten. Besonders die Feldlerche ist abhängig von der Art bzw. Intensität der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung. Als Haupt-Rückgangsursache für diese Art gilt darum, wie für die anderen Feldvogelarten, die intensive landwirtschaftliche Nutzung (DO-G Fachgruppe „Vögel der Agrarlandschaft“ 2019, AG Feldvögel der NWO 2014). Da ein Bestandseinbruch bei der Feldlerche meist auf starker Reduktion des Bruterfolges basiert sowie auf verringerter Möglichkeit, in optimalen Bruthabitaten zu brüten und entsprechend erfolgreiche Zweit-, Dritt- oder Ersatzbruten zu tätigen (Bauer et al. 2005), können demnach Nutzungsänderungen in der „guten fachlichen Praxis“ der landwirtschaftlichen Bewirtschaftung auch im betrachteten Gebiet zu solchen Einbrüchen in der Feldlerchenpopulation führen.

Zum Raubwürger: Von den im Jahr 2021 ermittelten 21 Brutrevieren befanden sich lediglich zwei (!) vollständig im ausgewiesenen VSG, 19 dagegen ganz oder teilweise außerhalb; fast alle Winterreviere liegen außerhalb.

Forstliche Praxis trägt zum Bestandsrückgang bei

Nach Einschlägen – darunter auch Fällungen absterbender Bäume und von Bäumen mit Totholz im Kronenbereich
– in einem größeren Buchenwald nordöstlich Marsberg-Meerhof außerhalb des ausgewiesenen VSG konnte
der Grauspecht in einem ehemaligen Revier 2021 nicht mehr festgestellt werden.

Durch die praktizierte Forstwirtschaft im beantragten VSG, sowohl in Staats- und Kommunalwald als auch im Privatwald, werden in Buchen- und Buchenmischwäldern regelmäßig Bäume mit einem Alter von über 100 Jahren entnommen. Dies hat vor allem für den Grauspecht, der besondere Ansprüche an seinen Lebensraum stellt, negative Auswirkungen. Neben dem unmittelbaren Verlust von (potenziellen) Brutbäumen hat die in solchen Bereichen aufkommende Naturverjüngung, die bewusst forciert wird, zur Folge, dass die Bodenbereiche dichter bewachsen sind und dunkler werden und somit als Nahrungsgebiet für den Grauspecht wegfallen bzw. nur noch eingeschränkt nutzbar sind. Diese Auflichtung der Wälder macht sie im Übrigen weniger resilient gegenüber den Folgen des Klimawandels wie Sturmereignissen und Trockenphasen (Harthun 2021, Ibisch et al. 2021), wodurch langfristig eine Gefahr für den Habitattyp Buchenwald aktiv geschaffen bzw. verstärkt wird.
Durch die dargestellte Forstpraxis werden Buchen- und Buchenmischwälder fortlaufend entwertet, ein offensichtlich deutschlandweit herrschender Missstand: „Wie die Zahlen belegen, werden Buchenwälder zunehmend Opfer einer forstökonomischen Tendenz, die sich fast ausschließlich an ´Preisen´ orientiert und dabei die ´Werte´ sträflich missachtet. Sinnbild für diese Tendenz sind die zahllosen Beispiele verstümmelter Altbuchenbestände in unserem Land.“ (Panek 2016).
Bauer et al. (2005) nennen als notwendige Schutzmaßnahmen für die Bestände des Grauspechts, dessen Erhaltungszustand in NRW als „ungünstig-schlecht“ bewertet wird (LANUV 2024), die Erhaltung eines Netzwerkes alter, reich strukturierter Laub(misch-)wälder auf großen Flächen, die Erhaltung kleiner Offenflächen und Blößen, Reduktion der intensiven forstlichen Nutzung, Erhalt von Bruch-, Alt- und Totholzbeständen sowie die Förderung natürlicher Laub- und Mischwälder aus heimischen Baumarten sowie den Erhalt extensiver Wiesenlandschaften an Waldrändern. Solche Änderungen in der Waldbewirtschaftung lassen sich selbst in ausgewiesenen NSG nicht umsetzen, wie die alltägliche Praxis zeigt und wofür es im Hochsauerlandkreis, auch im Raum Marsberg-Brilon, regelmäßige Beispiele gibt.
Abhilfe für Lebensraum-verbessernde Maßnahmen würde dagegen ein Vogelschutz-Maßnahmenplan schaffen, der für ein ausgewiesenes VSG vorgeschrieben und damit ein wirksames Schutzinstrument ist.
Zur Abb: Nach Einschlägen – darunter auch Fällungen absterbender Bäume und von Bäumen mit Totholz im Kronenbereich – in einem größeren Buchenwald nordöstlich Marsberg-Meerhof außerhalb des ausgewiesenen VSG konnte der Grauspecht in einem ehemaligen Revier 2021 nicht mehr festgestellt werden.

Störungen am Brutplatz

Rotmilan: Über 75% der Aktionsräume der auf 74 Reviere geschätzten Brutpaare des betrachteten Raums liegen außerhalb des
ausgewiesenen VSG.

Störungen am Brutplatz durch Forstarbeiten – siehe auch vorherigen Abschnitt – sind für das beantragte VSG für den Rotmilan belegt, für den Hochsauerlandkreis insgesamt auch für den Schwarzstorch. Für den Schwarzstorch gelten Störungen durch Forstarbeiten und waldbauliche Veränderungen als eine der Haupt-Rückgangsursachen. (Jöbges 2022) Störungen am Brutplatz durch häufige, nicht immer sensible Horstkontrollen von Umweltgutachtern der Windkraftbranche, die teilweise eine De-Facto-Störung des Brutgeschäfts darstellen, sind für das bezeichnete Gebiet für den Rotmilan dokumentiert. (VNV unveröff.) Insbesondere behördlich festgelegte Abschaltzeiten von Windenergieanlagen (WEA) im Falle einer Rotmilan-Brut haben häufige Kontrollen des Brutplatzes durch Gutachter zur Folge. Darüber hinaus werden Horststandorte von Rotmilanen und anderen geschützten Arten im Rahmen von Genehmigungsverfahren für WEA öffentlich bekannt. Dass Forstarbeiten im Umfeld solcher bekannten Horste, auch zur Brutzeit der Rotmilane, auch im Untersuchungsgebiet gezielt zur Störung einer Brut oder Vernichtung eines Brutplatzes durchgeführt wurden, ist nicht belegbar, wird aber in manchen Fällen der letzten Jahre vermutet. (OAG VNV unveröff.)

Windenergieanlagen

Allein östlich Marsberg befinden sich 13 WEA im Bau oder in Planung. (GIS Hochsauerlandkreis 2024). Das
Gebiet beherbergt u.a. Vorkommen von Rotmilan (mind. 6 Reviere betroffen), Uhu (1 Revier), Baumfalke
(3 Reviere), Raubwürger (2 Reviere) und Feldlerche (60-70 Reviere). (Legge 2024) Die im linken Bildbereich
liegende, bald in Betrieb gehende Anlage hat eine Nabenhöhe von 130 m und einen Rotorradius von 69 m;
das Fundament im rechten Bildbereich wird eine WEA mit 166 m Nabenhöhe und einem Rotorradius von
75 m tragen. (GIS Hochsauerlandkreis 2024)

Ein weiteres Gefahrenpotential stellen WEA im faktischen VSG dar. Dieses wird durch weitere, bereits genehmigte oder in konkreter Planung befindliche Anlagen in Zukunft noch größer werden. Die negativen Auswirkungen auf die Vogelpopulationen des betrachteten Gebiets sind nicht abschätzbar, müssen aber als erheblich gewertet werden. Der Gesetzgeber hat die Arten Wespenbussard, Rotmilan, Schwarzmilan, Baumfalke, Wanderfalke und Uhu als „windkraftempfindliche Arten“ eingestuft, weil bei ihnen ein „erhöhtes Tötungsrisiko“ besteht. (Anlage 1 zu § 45b Abs. 1 bis 5 BNatSchG) Darüber hinaus sind weitere Arten, u.a. der Schwarzstorch, einem erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt. Diese Arten sind auf einer Liste aufgeführt, die von den Autoren ausdrücklich als „nicht abschließend“ bezeichnet wird, da sie lediglich den aktuellen Wissensstand widerspiegelt. (LAG VSW 2014) Auch Neuntöter, Raubwürger und Feldlerche müssen dazu gezählt werden (NABU NRW 2021), da sie „aufgrund ihrer Biologie und Autökologie grundsätzlich als besonders empfindlich gegenüber WEA einzustufen sind.“ (LAG VSW 2014) Andere Arten, u.a. Turteltaube, Grau- und Schwarzspecht, sind von durch WEA verursachte Störeffekte betroffen. Garniel und Mierwald (2010) nehmen für die genannten Arten artenschutzrechtlich relevante Störeffekte bis zu 500 m um den Brutplatz an.
Derzeit – Stand 15.11.2024 – sind im als faktisches VSG angesehenen Gebiet 54 WEA im Betrieb, 25 noch nicht errichtete sind bereits genehmigt, für 22 weitere beantragte läuft das Genehmigungsverfahren. Weitere WEA stehen nah angrenzend am faktischen VSG bzw. sind dort in Bau oder Planung und haben somit Auswirkungen auf dessen Vogelwelt bzw. werden sie haben. (GIS Hochsauerlandkreis 2024).
Im Rahmen des derzeitigen Verfahrens zur 19. Änderung des Regionalplans Soest/Hochsauerlandkreis sind 13 potentielle Windenergiebereiche vorgesehen, die ganz oder teilweise im faktischen VSG liegen. (Bezirksregierung Arnsberg 2024) Die Gebiete betreffen sowohl Offenland- als auch Waldbereiche (ehemalige Fichtenforste). Werden sie ausgewiesen, finden dort artenschutzrechtliche Prüfungen nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt statt (NABU 2023). Diese Prüfungen müssten darum (eigentlich) auf der Ebene des Flächennutzungsplans gründlich erfolgen. Das gilt auch für eine grundsätzliche habitatschutzrechtliche Prüfung.

Freiflächen-Photovoltaik

Planung von Freiflächen-Photovoltaik außerhalb des ausgewiesenen VSG: Artenreiches Grünland westlich
Marsberg-Padberg mit Revieren von u.a. vier Zielarten des VSG ist bedroht.

Für das Stadtgebiet Marsberg wurde kürzlich eine Potenzialanalyse zur Freiflächen-Photovoltaik erstellt. Dabei stellte sich eine Gesamtfläche von 4.259,7 ha auf Acker- und Grünland im Stadtgebiet Marsberg als Potenzialflächen für die Freiflächen-Photovoltaik heraus (Stadt Marsberg 2024a). Schutzwürdige Biotope und Vorkommen von Tier- und Pflanzenarten außerhalb ausgewiesener NSG und ausgewiesener europäischer Schutzgebiete wurden bei der Erstellung der Analyse nicht beachtet. Am 02.05.2024 beschloss der Rat der Stadt Marsberg, zukünftig den Bericht zur „Potenzialanalyse zur Freiflächen-Photovoltaik im Stadtgebiet Marsberg“ als informelles Instrument für die Bauleitplanung zur Steuerung von Freiflächenphotovoltaik-Anlagen im nicht privilegiertem Raum nach § 35 BauGB heranzuziehen. Eine Bauleitplanung soll in den als „mit sehr hohem, hohem sowie mäßigem Potenzial“ gekennzeichneten Bereichen zulässig sein. Dies betrifft 3.541,8 ha. (Stadt Marsberg 2024b)
Schon wenige Monate später zeichnen sich die ersten negativen Folgen ab: Für ein strukturreiches Halb-Offenlandgebiet westlich Marsberg-Padberg mit großflächigen, artenreichen Glatthaferwiesen (Abb. 4) gibt es konkrete Planungen für Freiflächen-Photovoltaik auf über 23 ha Acker- und Grünland. Im Gebiet brüten u.a. Neuntöter und Raubwürger und es wird regelmäßig als Nahrungsgebiet von Rotmilan und Wespenbussard aufgesucht.
Abb. 4: Planung von Freiflächen-Photovoltaik außerhalb des ausgewiesenen VSG: Artenreiches Grünland westlich Marsberg-Padberg mit Revieren von u.a. vier Zielarten des VSG ist bedroht. Foto: Richard Götte
Erfahrungen mit WEA-Genehmigungsverfahren im Hochsauerlandkreis lassen bezüglich der Verfahren zur Verwirklichung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen befürchten, dass dem Schutz gesetzlich geschützter Arten lediglich formal Rechnung getragen werden wird, aber de facto deren Lebensraum beeinträchtigt oder zerstört wird.

Schlussbemerkung

Auf Grund der eklatanten rechtlichen und fachlichen Fehler bei der Ausweisung des VSG „Diemel- und Hoppecketal mit angrenzenden Wäldern“ ist Herrn Umweltminister Krischer bezüglich seines Gedankens, „dass wir unseren Einsatz für Natur- und Artenschutz deutlich erhöhen müssen und bei allen Nutzungen der Landschaft mitdenken müssen“ (Krischer 2023), hinsichtlich der bindenden Umsetzung der V-RL in NRW laut zuzurufen: „Dann machen Sie dies endlich!!!“
Daneben bleibt v.a. das „Prinzip Hoffnung“, dass die Versäumnisse bei der Ausweisung dieses VSG nicht allzu negative Auswirkungen auf die landes- und bundesweit bedeutsamen Vogelbestände im östlichen Sauerland haben. Ob dies reicht, der Biodiversitätskrise entgegen zu treten?

Literatur:
AG Feldvögel der NWO (2014): Situation der Feldvögel in Nordrhein-Westfalen – aktuelle Gefährdung und notwendige Schutzmaßnahmen. Charadrius 50: 80-88.
Bauer, H.-G., Bezzel, E., Fielder, W. (2005): Das Kompendium der Vögel
Brocksieper, R. & M. Woike (1999): Kriterien zur Auswahl der FFH- und Vogelschutzgebiete für das europäische Schutzgebietssystem "NATURA 2000". LÖBF-Mitt. 24 (2): 15-26.
DO-G [Deutsche Ornithologen-Gesellschaft], Fachgruppe „Vögel der Agrarlandschaft“ (2019): Weiterentwicklung der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2021: Erfordernisse zum Erhalt unserer Agrarvögel. Vogelwarte 57: 345-357.
Gedeon, K., C. Grüneberg, A. Mitschke, C. Sudfeldt, W. Eikhorst, S. Fischer, M. Flade, S. Frick, I. Geiersberger, B. Koop, M. Kramer, T. Krüger, N. Roth, T.Ryslavy, S. Stübing, S. R. Sudmann, R. Steffens, F. Vökler und K. Witt (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten, Münster.
Grüneberg, C., S. R. Sudmann sowie J. Weiss, M. M. Jöbges, H. König, V. Laske, M. Schmitz & A. Skibbe (2013): Die Brutvögel Nordrhein-Westfalens. NWO & LANUV (Hrsg.), LWL-Museum für Naturkunde, Münster.
Harthun, M. (2021): Mythen der Säge- und Holzwirtschaft. Warum natürliche Wälder angeblich nicht sinnvoll sind. In: Knapp, H. D., S. Klaus, L. Fähser (Hrsg.): Der Holzweg. Wald im Widerstreit der Interessen. München. S. 61-80.
Hochsauerlandkreis (2008): Landschaftsplan Marsberg. Textliche Darstellungen und Festsetzungen mit Erläuterungen, Begründung. Meschede.
Ibisch, P. L., T. Welle, J. S. Blumröder, J. Sommer, K. Sturm (2021): Wie das Klimaschutznarrativ die Wälder bedroht. In: Knapp, H. D., S. Klaus, L. Fähser (Hrsg.): Der Holzweg. Wald im Widerstreit der Interessen. München. S. 175-200.
Jöbges, M. M. (2022): Schwarzstorch sucht intakte Wälder. In: Naturschutzbund Deuschland e.V.: Naturschutz in NRW, 4/2022, 14.
Kreuziger J. & Hormann, M. (2018): Artenhilfskonzept Neuntöter (Lanius collurio) in Hessen. Gutachten im Auftrag der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland. Zwingenberg, Frankfurt.
NABU [Naturschutzbund] (Hrsg.) (2023): Gute Planung ist alles. Naturschutz in NRW, 3-2023, S. 4-8.
Panek, N. (2016): Deutschland, deine Buchenwälder. Vöhl-Basdorf.
Šimek, J. (2001): Patterns of breeding fidelity in the Red-backed Shrike (Lanius collurio). Ornis Fennica 78: 61-71.
Letzte Zugriffe auf die Verlinkungen im Text: 21.12.2024

Hier können Sie unseren kostenlosen monatlichen E-Mail-Rundbrief bestellen!

Zurück

Copyright 2025. Umweltforum Osnabrücker Land e.V.

Einstellungen gespeichert
Sie haben die Kontrolle über Ihre Daten

Wir und unsere Geschäftspartner nutzen Technologien wie Cookies dazu, personenbezogene Informationen für verschiedene Zwecke zu sammeln, darunter:

  • Erforderlich
  • Externe Medien
  • Statistik


Wenn Sie auf „Akzeptieren“ klicken, erteilen Sie Ihre Einwilligung für alle diese Zwecke. Sie können auch entscheiden, welchen Zwecken Sie zustimmen, indem Sie das Kästchen neben dem Zweck anklicken und auf „Einstellungen speichern“ klicken.
Sie können Ihre Einwilligung jederzeit widerrufen, indem Sie auf das kleine Symbol unten links auf der Webseite klicken.