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Erfolgreiche Abwehr von Bescheiden zur Tötung von Fischottern in Bayern
Rechtsanwalt Dr. Frank Niederstadt, Hannover
Die Ausbreitung des in Bayern ausgestorbenen Fischotters, ausgehend von Rückzugsgebieten des Fischotters in der Republik Tschechien, stellt die oberpfälzische Teichwirtschaft zunehmend vor Probleme, weil die Fischteiche vom wieder eingewanderten Fischotter als ideale Nahrungsreviere angenommen werden.
Aufgrund von massiven Beanstandungen seitens der Fischwirte hat die Regierung der Oberpfalz für drei betroffene Teichgebiete zur Abwehr von fischereiwirtschaftlichen Schäden jeweils den Fang und die Tötung von jeweils zwei Fischottermännchen gestattet. Die artenschutzrechtlichen Ausnahmegenehmigungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG wurde im Rahmen eines „Pilotprojekts“ des Bayerischen Landwirtschaftsministeriums erteilt. Insbesondere wurde auch darauf hingewiesen, dass es sich bei der Oberpfälzer Teichwirtschaft um ein von der UNESCO anerkanntes Kulturerbe handelt.
Nach den genehmigten Bescheiden sollten die Fischotter in Lebendfallen gefangen, nach einer Geschlechtsbestimmung die männlichen Tiere getötet und die gefangenen weiblichen Tiere wieder in die Freiheit entlassen werden.
Die Kläger Aktion Fischotterschutz e.V. und der BN Bayern bemängelten unter anderem den fehlenden Nachweis eines erheblichen wirtschaftlichen Schadens, die fehlende Eignung des Tötungskonzepts zur Reduzierung eventueller Schäden, die Nichtexistenz von geeigneten Fallen zum unverletzten Lebendfang von Fischottern, die Unmöglichkeit einer hinreichenden Geschlechtsbestimmung von Fischottern in den Fallen, die fehlenden artenschutzrechtlichen Ausnahmen für den Fang der Weibchen sowie die eventuelle Tötung der Weibchen in den Fallen und die dadurch verursachten Probleme für etwaige Jungtiere sowie die fehlenden FFH-Verträglichkeitsprüfungen für Fischotter aus den nahegelegenen FFH-Gebieten. Dabei ist zu bedenken, dass Fischotter in der Lage sind, in einer Nacht lange Strecken zurückzulegen, so dass einzelne Tiere eine sehr hohe Mobilität aufweisen.
Alle drei Ausnahmegenehmigungen wurden mit Urteilen vom 24. August 2021 vom VG Regensburg aufgehoben. Das Verwaltungsgericht begründete die Entscheidung vor allem mit der fehlenden Eignung des Tötungskonzepts zur Schadensabwehr, da davon ausgegangen werden muss, dass die getöteten Revierinhaber in kürzester Zeit durch nachrückende männliche Fischotter ersetzt würden. Eine relevante Reduzierung eines Fraßschadens könne so nicht erzielt werden. Überdies fehlten die notwendige FFH-Verträglichkeitsprüfung und die Ausnahmegenehmigungen für den Fang der weiblichen Fischotter.
Der Freistaat Bayern war auch mit der zugelassenen Berufung nicht erfolgreich. Da die Gültigkeit der Ausnahmegenehmigungen während des Berufungsverfahrens ablief, beantragten die Kläger im Berufungsverfahren nach Umstellung auf sogenannte Fortsetzungsfeststellungsklagen wegen einer Wiederholungsgefahr, die Rechtswidrigkeit von zweien der Bescheide festzustellen. Dahingegen hatte sich die dritte Ausnahmegenehmigung erledigt, da unklar ist, ob die dortige Teichwirtschaft noch fortgeführt wird.
Der BayVGH hat die Rechtswidrigkeit der beiden nicht erledigten, die Tötung zulassenden Bescheide festgestellt und damit die Urteile des VG Regensburg bestätigt. Er stützt seine Entscheidung vor allem darauf, dass der Freistaat Bayern seiner Verpflichtung, die Eignung der Ausnahmen nach den Maßstaben der sogenannten „Tapiola-Entscheidung“ des Europäischen Gerichtshofes (Rechtssache C-674/17, Urteil vom 10. Oktober 2019) hinreichend nachzuweisen, in den Bescheiden nicht nachgekommen ist und aufgrund mangelnder Datenverfügbarkeit auch nicht nachkommen konnte. Weitere durch die Verfahren aufgeworfene Rechtsfragen hat der VGH offengelassen.
In der Zwischenzeit – noch vor der Entscheidung des VGH München - hat der Freistaat Bayern seine Artenschutzrechtliche Ausnahmeverordnung (AAV) am 01. Mai 2023 mit Vorschriften zur Zulässigkeit der Tötung von Fischottern ergänzt. Für ihre Vollzugsfähigkeit fehlt u. a. noch eine weitere Verordnung, die Gebiete festlegen soll, in der der Fischotter in Bayern einen günstigen Erhaltungszustand aufweist. Auch die Verordnungsregelung beinhaltet eine ganze Reihe von rechtlichen Problemen auf. Voraussichtlich wird sich der Rechtsstreit nun zu Fragen der Rechtmäßigkeit der neuen Regelungen der AAV hin verlagern.
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