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Referentenentwurf zum Infrastruktur-Zukunftsgesetz
Dr. Matthias Schreiber
Die Bundesregierung möchte den Ausbau der Infrastruktur beschleunigen. Ohne Zweifel gibt es erheblichen Bedarf bei der Ertüchtigung verschiedenster Infrastruktur: Brücken und Straßen sind vielerorts marode und reparaturbedürftig, Schulen und Kommunen klagen über zu wenig Geld, um ihre Aufgaben wahrnehmen zu können, die Bahn kann aus den verschiedensten Gründen ihre Dienste nicht mehr in der früher gewohnten Form erbringen. Mit dem Umstieg auf Erneuerbare Energien wird ein Umbau auch des Stromnetzes erforderlich, und zwar nicht nur bei den meist im Vordergrund stehenden großräumigen Übertragungsnetzen, sondern vielfach auch die Verteilnetze vor Ort, die mit PV auf Dächern, Wärmepumpen und Elektroautos vor ganz neuen Herausforderungen stehen. Es gibt also viel zu tun. Da mag auch ein Infrastruktur-Zukunftsgesetz erforderlich sein.
Für den Naturschutz zeichnete sich in den letzten Monaten allerdings Bedrohliches am Horizont ab: Man hatte den Eindruck, dass es vor allem um den Neubau von allerlei Infrastruktur und erneut der Naturschutz zum Verantwortlichen für die vermutete verschleppte Erneuerung der Infrastruktur ginge. Den Sound setzte der bayerische Ministerpräsident Söder, der beklagte: „Jede Maus und jeder Lurch führt dazu, dass wir jahrelange Verzögerungen haben." (Zeitonline vom 11.12.2025).
Tatsächlich liegen der Verhältnisse allerdings in der Regel ganz anders. Denn der Naturschutz wird vor allem dann zu einem Hindernis, wenn die zuständigen Projektträger und Genehmigungsbehörden schlecht geplant und sich z.B. frühzeitig auf Standorte oder Trassen festgelegt haben, die sich bei genauerer Betrachtung als unverträglich erweisen. Um Umplanungen zu vermeiden, will man mit dem Kopf durch die Wand und suggeriert der Öffentlichkeit, der Naturschutz sei diese Wand, die es einzureißen gilt. Dabei sind die fehlende Weitsicht und das planerische Unvermögen das Problem! Dass die Gerichte dieses Vorgehen oftmals durchwinken, verschärft die Situation, weil dadurch schlechte Planung zusätzlich und nachhaltig ermuntert wird.
So legte man für die geplanten Gesetzesänderungen auch keinen größeren Wert auf eine Stellungnahme von Fachverbänden des Naturschutzes. Anders ist es kaum zu interpretieren, wenn den eingeräumten „Beteiligungsrahmen“ ansieht, den der Bundesverband Beruflicher Naturschutz (BBN) dokumentiert:
Wahrscheinlich pünktlich zum Wochenendstart am 12.12.2025 um 15:30 Uhr versandte die zuständigen Mitarbeiterin im Bundesministerium für Verkehr (BMV) den 126 Seiten starken Entwurf des Gesetzes, um den Adressaten dann eine Frist bis zum Montag, den 15.12.2025, 10:00 Uhr (wahrscheinlich pünktlich zum Wochenstart im Ministerium) zu setzen und dann angesichts einiger Kurzstellungnahmen festzustellen, dass der vorgelegte Entwurf wohl prima sein muss!
Trotz der unverschämt engen Frist hat der BBN eine Stellungnahme abgegeben, die sich vor allen Dingen auf die Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz konzentriert. Vom engen Verfahrensablauf zeigt sich selbst der BBN in hohem Maße irritiert:
„Mit einem solchen Verhalten tragen die Bundesregierung bzw. die zuständigen Ministerien zu einer weiteren Parteien- und Politikverdrossenheit bei, die letztlich unsere Demokratie schwächt. Wir können die Ministerien daher nur auffordern, bei allen Gesetzgebungsverfahren den jeweils betroffenen Akteuren ausreichend Zeit für fachlich fundierte Stellungnahmen einzuräumen.“
Der BBN konzentriert sich in seiner Stellungnahme auf 3 Punkte (Einzelheiten hier):
- „Verzögerungen bei Planung und Bau von Infrastruktur sind nicht alleine, häufig sogar nicht einmal primär, durch Umweltprüfverfahren und den Naturschutz verursacht.
- Wir lehnen die Aufweichung der Prüfkaskade der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung sowie die Gleichsetzung von Realkompensation und Ersatzzahlungen durch Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes entschieden ab.
- Ein ambitioniertes Naturflächenbedarfsgesetz ist dringend erforderlich.“
In eine ähnliche Richtung weist auch die gemeinsame Stellungnahme verschiedener großer Naturschutzorganisationen (DNR, BUND, Deutsche Umwelthilfe, Greenpeace, Nabu, WWF, greenlegalimpact, Grüne Liga, UVP-Verein). Sie stufen den Referentenentwurf als einen massiven Angriff auf materielle und prozessuale Regelungen zum Schutz von Natur und Umwelt ein.
Ob es helfen wird? Zweifel sind angebracht. Denn der Schutz der Biodiversität hat einen noch geringeren Stellenwert als der des Klimas. Und der spielt schon keine nennenswerte Rolle mehr.
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