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Warum ich nicht zur FfF-Demo am 25. März gehen werde
Dr. Matthias Schreiber
„Fridays for Future” (FfF) haben sich in den vergangenen Jahren große Verdienste erworben. Der Bewegung ist es durch Beharrlichkeit und kreative Aktionen gelungen, die Gefahren des Klimawandels für Politik und Öffentlichkeit zum zentralen Thema zu machen. Mit in den Fokus rückte dabei z.B. auch das Artensterben, das von der Wissenschaft als nicht minder gravierend eingestuft wird.
Ergebnis des Weckrufs von FfF war auch, dass in außerordentlich kurzer Zeit weitreichende Ziele zum Klimaschutz in Gesetze gefasst und diese nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts noch einmal verschärft wurden, von der vorherigen Regierung übrigens.
Vor diesem Hintergrund muss effektiver Klima- und Biosphärenschutz einen anderen Fokus bekommen. Es reicht nicht, immer weiter #ReichtHaltNicht zu rufen und die Messlatte immer höher zu legen. Schon die bisherigen Ziele müssen nämlich auch umgesetzt werden. Das erledigt sich nicht von allein. Ihnen kommt man auch nicht dadurch näher, dass man sie immer höhergeschraubt und zusätzlich mit immer weiteren gesellschaftlichen Forderungen verwebt.
Die Umsetzung beginnt auf lokaler und regionaler Ebene und steht vor vielfältigen Hürden. Das Thema „Moorschutz“ ist dafür ein gutes Beispiel.
Moorschutz ist ein wichtiges Element für den Klimaschutz, denn selbst in geschädigten Mooren sind große Mengen Kohlenstoff gespeichert, als lebende Moore sind sie sogar in der Lage, der Atmosphäre CO2 zu entziehen und einzulagern – Kohlenstoffsenken also. Gleichzeitig sind Moore wichtig für die Erhaltung der Artenvielfalt.
Im Landkreis Osnabrück spielen Moore eine wichtige Rolle. Hier befinden sich schätzungsweise 6.000 ha dieser Bodenform, die bisher noch nicht durch frühere landwirtschaftliche Nutzungen und Abtorfung irreversibel zerstört sind.
Den verbliebenen 6.000 ha droht jedoch noch immer ein ähnliches Schicksal.
Große Flächen dürfen z.T. noch bis 2042 abgetorft werden: Der gewonnene Torf landet über kurz oder lang in Form klimarelevanter Gase in der Atmosphäre.
Auf den meisten der 6.000 ha findet intensive Landwirtschaft statt, die ebenfalls zur Zersetzung des Torfs führt und damit ebenfalls klimarelevante Gase freisetzt.
Ein nicht unbedeutender Anteil ist zwar Naturschutzgebiet, allerdings sind die meisten dieser Schutzgebiete nicht in einem Zustand, in dem sie eine wirksame Kohlenstoffsenke wären. Denn die sachgerechte Wiedervernässung der Flächen steht vielfach noch aus oder kommt allenfalls schleppend voran.
All diese Probleme sind bekannt. Sie zu lösen steht auch als Ziel in den Programmen der Bundes- und Landesregierung. Sie zu bewältigen ist jedoch eine Aufgabe, die vor Ort geleistet werden muss und erfordert die Berücksichtigung vielfältigster, oft kleinteiliger Belange und Interessen. Hierfür gibt es weder Vorschriften noch Handreichungen. Viele Lösungen müssen daher oft Schritt für Schritt neu entwickelt werden:
Abtorfungsunternehmen haben Genehmigungen und sind Lieferverpflichtungen eingegangen. Will man die Abtorfungen beenden, müssen Verträge entschädigt werden. Für wegfallende Arbeitsplätze muss Ersatz her.
Gleiches gilt für die Umstellung der Landwirtschaft. Für eine klimafreundliche Bewirtschaftung der Moorböden muss die bisherige Landnutzung dort auf den Kopf gestellt werden. Hierfür müssen einzelbetrieblich Lösungen entwickelt werden.
Nicht einmal die klimafreundliche Renaturierung der Naturschutzgebiete kann auf einer Fläche von ca. 1.000 ha aus dem Stand umgesetzt werden, sondern erfordert kleinteilige Lösungen, die vor Ort z.T. in Handarbeit umgesetzt werden müssen.
Will man im Zeitplan der bisherigen Bundesregierung bleiben, sind bis 2030 – allein im Landkreis Osnabrück - jährlich über 700 ha in eine klimaverträgliche Nutzung zu überführen. Für die vielen Detailaufgaben bedarf es deshalb Menschen, die an der Lösung der damit verbundenen Probleme mitarbeiten und mit der örtlichen Politik, den betroffenen Landnutzern und den Verwaltungen an einer Umsetzung arbeiten. Vieles ist Neuland.
Eine Demonstration unter dem Motto #ReichtHaltNicht reicht halt nicht, sie geht an den Notwendigkeiten vorbei. Und merke: Auch der Weg zu noch ambitionierteren Klimazielen führt über die bisher gesetzten (vermutlich noch unzureichenden). Genau deshalb werde ich an der Demo am 25. März 2022 nicht teilnehmen, sondern an konkreten Lösungen zur Umsetzung arbeiten.
Ich freue mich auf den Tag, an dem ich die Aktiven von FfF in den politischen Parteien, in Initiativen oder vielleicht auch beim Umweltforum persönlich kennenlerne und wir die Probleme vor Ort gemeinsam anpacken, im wahrsten Sinne des Wortes.
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