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Das artenschutzrechtliche Störungsverbot im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 6. Oktober 2022, 7 C 4.21)

Prof. Dr. Martin Gellermann

Auch wenn das unionsbasierte Artenschutzrecht dem auch hierzulande dramatischen Biodiversitätsschwund und dem fortschreitenden Artensterben bisher keinen Einhalt hat gebieten können, gehören die Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG doch zu den bedeutendsten Instrumenten des Naturschutzes. In Umsetzung der Regelungsvorgaben des Art. 12 Abs. 1 Buchst. b der FFH-Richtlinie und Art. 5 Buchst. d der Vogelschutzrichtlinie begründet § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG das Verbot der Störung streng geschützter Tiere der in Anhang IV FFH-RL genannten Arten, das zugleich sämtlichen europäischen Vögeln zugutekommt.

I. Welche Störungen verbietet das nationale Recht?

  • 44 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 1 BNatSchG untersagt erhebliche Störungen wildlebender Tiere der geschützten Arten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten. Unter einer Störung ist die Beeinträchtigung des psychischen Wohlbefindens eines Tieres zu verstehen, die sich in Angst- oder Schreckreaktionen äußert. Das Verbot kommt nicht schon bei jeder Belästigung zum Tragen, wie sie etwa zu erwarten ist, wenn Spaziergänger einen Vogel während der Brutzeit zum Verlassen des Nestes veranlassen oder Waldarbeiter mit ihren Fahrzeugen eine Wildkatze oder einen Luchs aufscheuchen. Erst wenn die Störung während der maßgeblichen Phasen des jährlichen Zyklus der Tiere erheblich ist, geraten störende Verhaltensweisen mit dem gesetzlichen Verbot in Konflikt.

Überschritten wird diese „Erheblichkeitsschwelle“ nach der in § 44 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 BNatSchG enthaltenen Definition erst, wenn sich durch die Störung eines Tieres der Erhaltungszustand der lokalen Population der betreffenden Art verschlechtert. Unter einer lokalen Population ist die Gesamtheit der Individuen einer Art zu verstehen, die während bestimmter Phasen des jährlichen Zyklus in einem anhand ihrer Habitatansprüche abgrenzbaren Raum vorkommen. Gemeint ist damit beispielsweise das aus mehreren Brutpaaren bestehende Vorkommen des Kiebitzes in einem Feuchtwiesengebiet, die Gesamtheit aller Fledermäuse einer Art, die in einem aufgelassenen Bergwerkstollen überwintert, oder der Gesamtbestand aller Haselmäuse innerhalb eines unzerschnittenen Waldgebietes. Erst wenn sich die Überlebenschancen, der Bruterfolg oder die Reproduktionsfähigkeit des so umschriebenen örtlichen Bestandes geschützter Tiere unter dem Einfluss einer Störung vermindert, ist eine dies bewirkende Handlung verboten (vgl. BT-Drs. 16/5100, S. 11). Im Unterschied zum Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) oder zum Verbot der Schädigung geschützter Fortpflanzungs- und Ruhestätten (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG) untersagt § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG Störungen von Exemplaren geschützter Tierarten daher nur dann, wenn sich dies auf die Erhaltungssituation der lokalen Population auswirkt, der die gestörten Tiere angehören.

II. Unionsrechtskonformität des nationalen Störungsverbots aus höchstrichterlicher Perspektive

Im wissenschaftlichen Schrifttum wurde frühzeitig darauf aufmerksam gemacht, dass die hiermit einhergehende populationsbezogene Relativierung des nationalen Störungsverbots einer Überprüfung am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 Buchst. b FFH-RL nicht standhält (Gellermann, NuR 2007, 168; Sobotta, NuR 2007, 644). Das Bundesverwaltungsgericht teilt diese Einschätzung nicht (vgl. nur BVerwG, NuR 2008, 633 Rn. 237; NVwZ 2010, 123 Rn. 41) und hält unverbrüchlich daran fest, dass auch diese Richtlinienbestimmung einen art- bzw. populationsbezogenen Ansatz verfolgt (BVerwG, BeckRS 2022, 43240 Rn. 33 f.). Bestimmend ist dafür die Erwägung, dass Art. 12 Abs. 1 Buchst. b FFH-RL – im Unterschied zu Art. 12 Abs. 1 Buchst. a und c FFH-RL – schon seinem Wortlaut nach nicht die Störung von Exemplaren der in Anhang IV FFH-RL gelisteten Tierarten beträfe, sondern die Mitgliedstaaten verpflichtete, „absichtliche Störungen dieser Arten“ zu unterbinden. In eine andere Richtung weisende Ausführungen des Gerichtshofs der Europäischen Union im Urteil „Skydda Skogen“ (EuGH NuR 2021, 186 Rn. 56 f.) änderten daran nichts. Daraus ergäbe sich lediglich, dass es einem Mitgliedstaat versagt sei, den Eintritt des Störungsverbots von dem Erhaltungszustand einer Art abhängig zu machen. Dagegen setzte § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG auf der demgegenüber niedrigeren Ebene der lokalen Population an und wäre auch deshalb unionsrechtlich unbedenklich, weil die Vorschrift dem Ansatz der Europäischen Kommission in deren Artenschutz-Leitfaden folge. Zwar könnten populationsbezogene Störungen unterhalb der europäischen oder mitgliedstaatlichen Ebene vom Tatbestand des Art. 12 Abs. 1 Buchst b FFH-RL erfasst sein, indessen trüge § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG dem mit der Bezugnahme auf die lokale Population Rechnung.

III. Kritische Würdigung

Haselmaus (Foto: Hermann Knüwer)

Nun sind höchstrichterliche Erkenntnisse von Gewicht und hoher praktischer Bedeutung, indessen geben die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts doch zu erheblichen Bedenken Anlass.

  1. Art. 12 Abs. 1 FFH-RL verpflichtet die Mitgliedstaaten, zum Schutz der Arten des Anhangs IV FFH-RL ein strenges Schutzsystem zu etablieren (EuGH, ZUR 2018 Rn. 230). Da das Hauptziel der Richtlinie ausweislich der Begründungserwägungen darin besteht, die Erhaltung der biologischen Vielfalt zu fördern und einen Beitrag zur Bewahrung des zunehmend bedrohten europäischen Naturerbes zu erbringen, liegt die Annahme nicht fern, dass es schon die Individuen der maßgeblichen Arten und nicht bloß deren lokale Populationen vor Störungen zu bewahren gilt. Dies nicht zuletzt deshalb, weil sich ohne mehrjährige Untersuchungen populationsbiologischer Art zumal bei häufigeren und (noch) verbreiteten Tierarten im Regelfall nicht feststellen lässt, ob Störungen geschützter Individuen zugleich den Erhaltungszustand ihrer lokalen Populationen in Mitleidenschaft ziehen. Wenn – um es am Beispiel zu verdeutlichen – die in einem großräumigen Buchenwaldgebiet lebende Haselmaus einen störungsbedingten Reproduktionsausfall erleidet, besagt dies für sich betrachtet nicht, dass darunter der Erhaltungszustand der lokalen Population dieser Art leidet, wenn sich die übrigen Mitglieder des örtlichen Bestandes mit Erfolg reproduzieren. Käme das Störungsverbot tatsächlich erst im Falle einer störungsbedingten Verschlechterung der Erhaltungssituation einer lokalen Population zum Tragen, sähe sich die praktische Wirksamkeit des Art. 12 Abs. 1 Buchst. b FFH-RL in Frage gestellt.
  2. Die Ausführungen des Gerichtshofs der Europäischen Union im Urteil „Skydda Skogen“ enthalten an sich klare Hinweise darauf, dass Art. 12 Abs. 1 Buchst. b FFH-RL die Individuen der Arten des Anhangs IV FFH-RL vor Störungen bewahrt wissen will (siehe hier). Die Europäische Kommission versteht dies in gleicher Weise und betont in ihrem aktualisierten Artenschutz-Leitfaden ausdrücklich, dass die Verbote des Art. 12 Abs. 1 Buchst. a bis c FFH-RL, mithin auch das Störungsverbot, „auf der Ebene der Individuen der betroffenen Arten (gelten)“ (ABl.EU, C 496, 1 (17)). Das darin zum Ausdruck kommende und auf einen individuenbezogenen Schutzgehalt des Art. 12 Abs. 1 Buchst. b FFH-RL verweisende Verständnis findet seine Bestätigung in einer älteren Entscheidung des Gerichtshofs, die auf Vorlage eines rumänischen Gerichts erging und die unionsrechtliche Einordnung des Fangs und der Verbringung eines einzelnen Wolfes betraf. Die Luxemburger Richter stellten klar, dass die in Art. 12 Abs. 1 Buchst. b und d der Habitatrichtlinie aufgestellten Verbote für alle Exemplare der geschützten Tierarten gelten, unabhängig davon, wo sie sich befinden. Es ist aber festzustellen, dass der Fang und erst recht die Tötung eines Exemplars dieser Arten zumindest als Störung anzusehen sind“ (EuGH, NuR 2020, 468 Rn. 45). Deutlicher kann eigentlich kaum noch zum Ausdruck gebracht werden, dass Art. 12 Abs. 1 Buchst b FFH-RL – entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts – keinen populationsbezogenen Schutzansatz verfolgt, sondern die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, die Exemplare der Anhang IV-Arten vor Störungen zu bewahren (Gellermann/Schumacher, NuR 2021, 182 (184)).
  3. Dem Bundesverwaltungsgericht ist sicher einzuräumen, dass die auf Störungen der Arten verweisende Formulierung des Art. 12 Abs. 1 Buchst. b FFH-RL irritieren kann, zumal Art. 12 Abs. 1 Buchst. a und c FFH-RL dem Individuenbezug deutlicheren Ausdruck verleihen. Zu bedenken ist freilich, dass es bei der Auslegung des Unionsrechts nicht bloß auf den Wortlaut einer Richtlinienbestimmung, sondern neben dem eingangs genannten Ziel auch auf den Zusammenhang der Regelungen ankommt (EuGH, ZUR 2022, 30 Rn. 20). Ins Blickfeld gelangt damit die Bestimmung des Art. 12 Abs. 3 FFH-RL, nach der „die Verbote des Absatz 1 Buchst. a) und b) … für alle Lebensstadien der Tiere dieses Artikels (gelten)“. Wenn alle Lebensstadien der Tiere von den besagten Verboten profitieren und das individuenbezogene Verbot des Fangs und der Tötung mit dem Störungsverbot gleichgestellt werden, verbietet es sich, dem Art. 12 Abs. 1 Buchst. b FFH-RL einen art- oder populationsbezogenen Schutzansatz zu unterstellen.

IV. Fazit

Will Art. 12 Abs. 1 Buchst. b FFH-RL nach alledem die Exemplare der Anhang IV-Arten vor Störungen während der für die Arterhaltung wesentlichen Lebensphasen vor Störungen bewahrt wissen, kann § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG schwerlich als unionskonform bewertet werden. Da die gesetzliche Definition des § 44 Abs. 1 Nr. 2 Halbs. 2 BNatSchG den Stein des unionsrechtlichen Anstoßes bildet, darf diese Vorschrift aus Gründen des unionsrechtlichen Anwendungsvorrangs im praktischen Vollzug nicht angewendet werden. Das gilt jedenfalls, solange der zur letztverbindlichen Interpretation berufenen Gerichtshof der Europäischen Union an seiner Auslegung des Art. 12 Abs. 1 Buchst. b FFH-RL festhält.

(Bilder, soweit nicht anders angegeben: M. Schreiber)

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