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Warum ein insektenfreundlicher Garten so einfach ist

Uwe Diekhoff
Das Thema Insektenschutz ist in den vergangenen Jahren zunehmend ins Bewusstsein der Menschen gerückt. Ebenso wird die Anlage von Blühwiesen in weiten Teilen der Bevölkerung positiv bewertet. Beides ist zu begrüßen. Oftmals wird jedoch eine Blühwiese mit einem Blühstreifen/Blühfläche verwechselt. Letzteres ist eine in der Regel vorübergehende Belegung einer Fläche mit Pflanzen mit einem hohen Blühfaktor. Mit einer Wiese, deren Charakter es ist, zu 90 % aus Gräsern zu bestehen und die in der Regel dauerhaft angelegt ist, hat dies wenig zu tun. Aus meiner Sicht trifft der Begriff „Wildwiese“ daher besser das, was von NaturschützerInnen mit „Blühwiese“ gemeint ist. Natürlich ist auch die Anlage von Blühstreifen/Blühflächen zu begrüßen, wenngleich ihr Wert für die Natur ungleich niedriger ist als echte Wildwiesen.
Regelmäßig berate ich Menschen, die auf Ihren Grundstücken Blüh-/Wildwiesen anlegen möchten. Es fällt auf, dass bei vielen die Vorstellung existiert, dass die Einsaat nur mit „schwerem Gerät“ und hohem Aufwand zu realisieren sei. Es existiert die Vorstellung, Boden abtragen zu müssen und Sand hinzuzufügen, um möglichst magere Standorte zu schaffen. Ich persönlich bin der Meinung, dass dies nicht notwendig ist. Lassen wir die Natur doch säen, was auf der jeweiligen Fläche bei dem jeweiligen Boden ideal ist. Viele Rasenflächen verfügen bereits über, für einen Zierrasen, erstaunlich viele verschiedene Pflanzen und Kräuter. Wenn man solche Flächen einfach wachsen lässt und im Herbst oder frühen Frühjahr mäht und das Mähgut abtransportiert, ist man oft erstaunt, was so alles auf dem „Rasen“ wächst. Nach und nach entwickelt sich dann immer mehr. Ein entscheidender Faktor bei der Akzeptanz ist, dass die Menschen eine gewisse Gelassenheit und Neugier den Entwicklungen auf der Fläche mitbringen und nicht ein vermeintlich perfektes Ergebnis, das in irgendwelchen Fachmedien gezeigt wurde, für ihre Fläche erwarten.
Befeuern kann man die Vielfalt noch durch ein paar kahle Stellen, auf denen man den Rasen entfernt. Auf diesen Flächen werden innerhalb kürzester Zeit (Pionier)- Pflanzen wachsen, die möglicherweise noch nicht auf der Fläche sind und die so die Vielfalt erhöhen. Natürlich kann man auch eine Initialsaat mit regionalem Saatgut, dass für die Fläche geeignet ist, vornehmen. Hierzu kann man einen Frässtreifen durch die Fläche ziehen, der eingesät wird und dann nach und nach in die restliche Fläche aussamt. Auch hier heißt es geduldig sein und neugierig schauen, was passiert.
Beim Fräsen ist darauf zu achten, dass zunächst sehr flach gefräst wird, um die Wurzeln von den Pflanzen abzuschneiden. Ein zu tiefes, erstes Fräsen führt dazu, dass die vorhandenen Pflanzen sehr schnell wieder anwachsen und keinen Platz für das neue Saatgut lassen.
Wie könnte der Einstieg aussehen?

Als Tipp für den heimischen Garten empfehle ich nur einen Teil der Rasenfläche wachsen zu lassen, um die herum aber noch gemäht wird. So sieht es definiert aus und nach allgemeinem Verständnis „ordentlich“ und „gewollt“. Die Akzeptanz von in Bezug auf Naturschutz weniger verständnisvollen Mitmenschen wird hierdurch deutlich erhöht.
Was kann man sonst noch tun? Wer eine Hecke und Bäume im Garten hat, weiß, dass jährlich Heckenschnitt und Äste, Zweige etc. anfallen. Diese müssen nicht zum Grünabfallsammelplatz gebracht werden, sondern können einfach irgendwo im Garten zu einem Totholzhaufen geschichtet werden. Es ist erstaunlich, wie schnell auch diese zusammensacken und wieder Platz für mehr Holz-Schnittgut bieten. Wer diesen „Haufen“ als eine Art Hecke, also weniger breit, dafür mehr in die Länge gezogen anlegt, darf sich stolze/r Besitzer/in einer Benjeshecke nennen. Solche Totholzhecken oder -haufen sind Lebensraum für unzählige Insekten, darunter viele Nützlinge für den heimischen Gemüsegarten. Dickere, abgeschnittene Äste können mittels Bohrmaschine mit vielen Löchern in unterschiedlichen Größen versehen werden. Diese durchlöcherten Äste kann man dann unter ein Abdach hängen oder an einen anderen trockenen Standort platzieren. Viele verschiedene Insekten und Wildbienen werden diese Löcher als Winterquartier nutzen. Wichtig ist, dass die Behausungen nicht nass werden.
Was ist das Fazit? Neben tollen, großen Projekten, wie z.B. der Wiedervernässung von Mooren, CO2-Reduktion, Aufforstungen und vielem mehr, sind es in Bezug auf den Insektenschutz oft die kleinen Dinge, die viel bewirken können. Im heimischen Garten heißt es somit „weniger machen - mehr chillen“. Also Teilflächen des Rasens nicht mehr mähen, Gehölzschnitt nicht mehr abtransportieren, sondern einfach irgendwo im Garten stapeln. Wenn dann noch ein paar Brennnesseln neben dem Stapel wachsen, die für viele Schmetterlingsraupen Wirtpflanze sind, hat man im eigenen Garten schon viel im Sinne des Insektenschutzes verbessert. Weniger ist mehr.
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